Mittelbayerische Zeitung: Konkurrenz für Trump / Bei den US-Demokraten herrscht dichtes Gedränge im Feld der potenziellen Herausforderer des Präsidenten. Von Thomas Spang
Geschrieben am 16-01-2019 |
Regensburg (ots) - Zugegeben, es fällt jetzt schon schwer, den
Überblick zu behalten, wer sich bei den US-Demokraten um die
Nominierung für die Präsidentschaftskandiatur der Partei bewirbt.
Beinahe täglich gibt eine weitere Person ihre Ambitionen zu erkennen,
die Demokraten in die Schlacht gegen Trump zu führen. Die linke
Senatorin Elizabeth Warren verkündete Anfang des Jahres die Gründung
eines "Erkundungs-Komitees" und brach gleich darauf in den ersten
Bundesstaat mit Vorwahlen, Iowa, auf. Ihre Kollegin Kamala Harris aus
Kalifornien tourt mit einem Buch über sich selbst durch die Lande.
Während andere, wie der Shooting Star Beto O'Rourke aus Texas,
Schlagzeilen damit machen, mit Blick auf die Wahlen 2020 Rat bei
Barack Obama einzuholen. Der demokratische Sozialist und
Hillary-Herausforderer, Bernie Sanders, füttert die Medien mit
Geschichten, wie er Personal für ein Wahlkampfteam anheuert. Ein paar
ganz mutige Außenseiter haben ihre Kandidatur bereits erklärt. Als
Erster hob der ehemalige Kongressabgeordnete und Unternehmer John
Delaney aus Maryland im Dezember seinen Finger. Diese Woche folgte
Obamas Ex-Wohnungsbauminister Julian Castro, der bisher einzige
Latino. Und dann gibt es noch einen, der wie ein guter, aber zugleich
auch bedrohlicher Geist über dem gesamten Bewerberfeld schwebt. Joe
Biden, der acht Jahre lang als Vize an der Seite Präsident Obamas
stand und zugunsten Clintons 2016 auf eine Kandidatur verzichtete.
Ein 76 Jahre alter weißer Populist, den seine Parteifreunde liebevoll
"Onkel Joe" nennen. Mit beispiellosem Tempo wächst das Feld der
Präsidentschafts-Aspiranten. Während es närrisch wäre, zu einem so
frühen Zeitpunkt irgendeine Aussage darüber zu treffen, wer der oder
die KandidatIn mit den besten Aussichten ist, sagt das Gedränge viel
über die neue Energie bei den Demokraten aus. Gestärkt durch die
"blaue Welle" bei den Kongresswahlen im November verbreitet die
Bewerberflut eine Aufbruchstimmung in der Partei, die den Fehler von
2016 nicht noch einmal wiederholen möchte. Damals hatten sich die
Demokraten in einem Jahr der populistischen Revolte mit Clinton so
frühzeitig an die ultimative Kandidatin des Status quo gekettet, dass
die einzige Alternative dazu der Sozialist Sanders war, der nicht
einmal der Partei angehörte. Das ist diesmal grundlegend anders. Die
Breite des Bewerberfelds gibt den Wählern die Chance, sich auf einem
inspirierenden Marktplatz der Ideen und Charaktere umzuschauen. Da
die Partei die Rolle der Super-Delegierten im Nominierungsprozess
dramatisch reduziert hat, verspricht der rigorose Wettbewerb zwischen
starken Kandidaten, eine(n) wirklich attraktive(n) Herausforderer(in)
hervorzubringen. Der einzige Fehler, den die Demokraten zum jetzigen
Zeitpunkt begehen können, besteht darin, falsche Alternativen im
innerparteilichen Auswahlprozess zu formulieren. Einige Puristen
versuchen das, indem sie zum Beispiel die Forderung nach einer
staatlichen Krankenversicherung zum Lackmustest erheben. Nüchtern
betrachtet liegen Linke wie Warren und Sanders inhaltlich nicht weit
auseinander von Zentristen wie Harris und O'Rourke. Was die Lager
eher unterscheidet, ist der Weg zu einer progressiveren Politik in
den USA, die nach sozialer Gerechtigkeit, ökologischer Verantwortung
und internationaler Teilhabe strebt. Ein solcher Lackmustest machte
ohnehin wenig Sinn, da die Präsidentschaftswahlen 2020 in erster
Linie ein Referendum über Trump sein werden. Wer ernsthaft glaubt, es
ginge allein um Inhalte, riskiert weitere vier Jahre Desaster im
Weißen Haus. Gesucht wird bei den Demokraten eine Person, die dem
weißen Nationalisten glaubhaft die Stirn bieten kann, und
gleichzeitig eine fortschrittliche Vision für Amerika hat. Die gute
Nachricht lautet: Die Demokraten können aus den Vollen schöpfen. Der
Vorwahlkampf verspricht so aufregend und nicht vorhersehbar zu werden
wie der 2008, als zu diesem Zeitpunkt noch niemand Barack Obama auf
dem Radar hatte.
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Mittelbayerische Zeitung
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