Billy Six muss faires Verfahren bekommen
Geschrieben am 22-01-2019 |
Berlin (ots) - Reporter ohne Grenzen (ROG) fordert die
venezolanischen Behörden auf, dem seit zwei Monaten inhaftierten
deutschen Journalisten Billy Six unverzüglich Zugang zu einem Anwalt
seiner Wahl zu gewähren und ihm so ein faires Verfahren zu
ermöglichen. Seit einer Woche erhält ein für die venezolanische
Partnerorganisation von ROG, Espacio Público, arbeitender Anwalt
keinen Zugang zu dem Journalisten. Six' Eltern hatten ihm die
Verteidigung ihres Sohnes übertragen. Informationen darüber, dass der
Prozess gegen Billy Six bereits am morgigen Mittwoch (23.1.) im
Bundesstaat Falcón beginnen soll, ließen sich bisher nicht
bestätigen.
"Das Verfahren gegen Billy Six ist eine Farce", sagte
ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. "Nach venezolanischem Gesetz hat
jeder Beschuldigte das Recht, vom Beginn der Ermittlungen an von
einem Verteidiger seiner Wahl vertreten zu werden. Dieses Recht wird
Billy Six seit seiner Festnahme vor mehr als zwei Monaten verwehrt.
Auch hat Billy Six als Zivilist nichts vor einem Militärgericht zu
suchen. Welchen Zweck verfolgt das Maduro-Regime mit diesem allem
Anschein nach politischen Verfahren?"
SEIT MEHR ALS ZWEI MONATEN IM MILITÄRGEFÄNGNIS
Nach Angaben von Espacio Público (http://ogy.de/mgf6) wurde der
32-jährige Six am 17. November von venezolanischen
Spionageabwehreinheiten im nordwestlichen Bundesstaat Falcón
festgenommen und in das Militärgefängnis El Helicoide am Hauptsitz
des Bolivarischen Nationalen Nachrichtendienstes SEBIN gebracht.
Six' Eltern zufolge werden ihm Spionage, Rebellion und das
Verletzen von Sicherheitszonen vorgeworfen: Er habe bei
Militärparaden anlässlich des Unabhängigkeitstages am 5. Juli 2017
und 2018 Fotos gemacht, er habe Staatspräsident Nicolás Maduro auf
einer Wahlkampfveranstaltung im Mai 2018 innerhalb einer
Sicherheitszone fotografiert und er habe sich mit der kolumbianischen
Guerrillagruppe FARC getroffen. Die Eltern betonen, ihr Sohn habe nur
als Journalist gearbeitet. Die ROG-Partnerorganisation Espacio
Público erhielt trotz intensiver Bemühungen bisher keinen Zugang zu
den entsprechenden Justizakten.
UNABHÄNGIGER ANWALT HAT KEINEN ZUTRITT
Die ersten Wochen in Haft musste Six ohne jeglichen Kontakt zur
Außenwelt verbringen. Nachdem die deutschen Behörden erst mit
mehrtägiger Verzögerung über seine Festnahme unterrichtet wurden,
bemühten sie sich nach Angaben des Auswärtigen Amtes intensiv um ihn:
Der venezolanische Botschafter in Berlin wurde zum Gespräch gebeten,
der deutsche Botschafter traf den venezolanischen Außenminister in
Caracas. Schließlich besuchte der Botschafter Six persönlich im
Gefängnis. Während dieses Besuchs am 9. Januar durfte Six erstmals
mit seinen Eltern telefonieren. Nach Angaben der Eltern und des AA
wurde er zu diesem Zeitpunkt gut behandelt und war in einem guten
gesundheitlichen Zustand. Seit diesem Zeitpunkt aber hatte niemand
außerhalb des Gefängnisses mehr Kontakt zu ihm.
Ab Mitte 2017 bis zu seiner Festnahme hatte Billy Six als freier
Journalist unter anderem über die Wirtschaftskrise in Venezuela und
die Massenauswanderung aus dem Land berichtet, vor allem für die
rechtskonservativen deutschen Medien Junge Freiheit und
Deutschland-Magazin sowie über seinen eigenen YouTube-Kanal. Zuvor
hatte er sich schon in anderen Regionen der Welt journalistisch
betätigt, unter anderem in Syrien. Dort war er ab Dezember 2012
einige Monate inhaftiert; die dortigen Behörden hatten ihm illegale
Einreise und Terrorismus vorgeworfen.
In den vergangenen Jahren hatte Six mehrfach mit problematischen
Aktionen und Äußerungen auf sich aufmerksam gemacht, unter anderem
mit einem ungebetenen Besuch beim Recherchenetzwerk Correctiv
(http://ogy.de/xxdj) sowie mit Vorwürfen wie "Lügenpresse" gegenüber
deutschen Medien.
Neben Billy Six sind in Venezuela aktuell mindestens ein weiterer
Journalist und ein Bürgerjournalist wegen ihrer Arbeit im Gefängnis.
Ausländische Journalisten werden in Venezuela immer wieder inhaftiert
oder ausgewiesen.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Venezuela auf Platz 143
von 180 Staaten.
Pressekontakt:
Reporter ohne Grenzen
Ulrike Gruska / Christoph Dreyer / Juliane Matthey / Anne Renzenbrink
presse@reporter-ohne-grenzen.de
www.reporter-ohne-grenzen.de/presse
T: +49 (0)30 609 895 33-55
F: +49 (0)30 202 15 10-29
Original-Content von: Reporter ohne Grenzen e.V., übermittelt durch news aktuell
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