Allg. Zeitung Mainz: Stimmt neu ab! / Michael Klein zum Brexit
Geschrieben am 26-02-2019 |
Mainz (ots) - Was ist das denn für ein Verständnis von Demokratie:
Wir stimmen so lange ab, bis uns das Ergebnis passt? In Deutschland
wollte man das nach der Bundestagswahl 2017 nicht, als erst Jamaika
platzte und die SPD eigentlich auf Opposition gebürstet war. Sie
besann sich. In Großbritannien stehen die Dinge anders. Die Umsetzung
des Brexits ist weit komplizierter als ein Wahlergebnis ohne klaren
Regierungsauftrag. Was wiederum zeigt, dass Politiker mit dem Mittel
des Plebiszits verantwortungsvoll umgehen sollten. Der einstige
Premier David Cameron tat das nicht, als er den Briten eine scheinbar
einfache Frage zur Abstimmung vorlegte. Er wollte seinen Stuhl
retten, was gründlich misslang. Der weitere Weg ist bekannt: Gut
zweieinhalb Jahre nach der Abstimmung sind die britischen Politiker
an ihrer Aufgabe, den Brexit umzusetzen, gescheitert. Kein Wunder:
Viele der zu lösenden Fragen sind nicht lösbar. Wie will man denn
verhindern, dass eine harte Grenze auf der irischen Insel den alten
Nordirlandkonflikt neu entfacht? Die Situation ist so verfahren, dass
Premierministerin Theresa May nur noch die Wahl zwischen einem
ungeregelten Chaos-Brexit und einer Verschiebung des Austrittstermins
sieht. Doch was wäre in ein paar Monaten anders? Nichts. Deshalb
führt an einem zweiten Brexit-Referendum kein Weg vorbei. Die Frage
an die Briten kann aber nicht dieselbe sein wie 2016. Die Auflistung
der dramatischen Folgen eines womöglich ungeregelten EU-Austritts
gehört dazu. Und dann kann die Frage eigentlich nur noch lauten:
Wollen Sie sehenden Auges ins Verderben rennen?
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