Börsen-Zeitung: Desaster am IPO-Markt,
Kommentar von Dieter Kuckelkorn
Geschrieben am 21-03-2019 |
Frankfurt (ots) - Die jüngsten Daten vom weltweiten Markt für
Initial Public Offerings (IPO) lassen sich eigentlich nur noch als
desaströs bezeichnen. Im ersten Quartal des laufenden Jahres brach
das Emissionsvolumen um fast drei Viertel auf nur noch 13 Mrd. Dollar
ein. In Europa schrumpfte sich der IPO-Markt fast zu Tode, denn die
Volumina gingen um sage und schreibe 98 Prozent auf nur noch
350 Mill. Euro zurück. Zum Vergleich: Am Eurobond-Markt gab es gemäß
Berechnungen der Commerzbank seit Anfang Januar Anleiheemissionen im
Volumen von 86,7 Mrd. Euro, ein Anstieg gegenüber dem gleichen
Vorjahreszeitraum von 12 Prozent.
Die Gründe für den regelrechten Zusammenbruch des IPO-Marktes sind
vielfältig. Nicht zuletzt ist es das seit Jahresanfang wieder
deutlich gesunkene Zinsniveau. Anleiheemissionen stellen angesichts
der noch für eine lange Zeit ultraniedrigen Zinsen für Unternehmen
eine deutlich attraktivere Finanzierungsmöglichkeit dar als Aktien.
Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt auch, dass sich die
konjunkturellen Aussichten weltweit und in der Eurozone stark
eingetrübt haben. Zwar steigen die Gewinne der großen börsennotierten
Konzerne weiterhin, wenn auch mit verlangsamtem Tempo. Für die breite
Masse der kleineren nicht-börsennotierten Unternehmen, aus denen sich
die Börsenkandidaten rekrutieren sollten, gilt das aber vielfach
nicht. Sie haben geringere Möglichkeiten der GuV-Gestaltung und
können auch sehr viel weniger Einfluss auf die politischen und
rechtlichen Rahmenbedingungen nehmen als etwa ein VW-Konzern.
Kurzfristig bremsen auch die politischen Unsicherheiten wie der
Brexit und der Handelskrieg. Dies mag insbesondere
Private-Equity-Firmen und Altaktionäre beeinflussen, die lieber mit
einem IPO warten, als dass sie die Schmälerung ihrer Einnahmen
akzeptieren würden. Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass der
Markt in Europa wieder anspringen wird, sobald Brexit und
Handelsstreit ausgestanden sind. Großvolumige Kandidaten stehen schon
in den Startlöchern.
Für die Finanzierung der Realwirtschaft spielt das Geschehen auf
dem IPO-Markt ohnehin kaum eine Rolle. Im Jahr 2017 betrugen die
weltweiten Brutto-Anlageinvestitionen nach Schätzung der Weltbank
20,09 Bill. Dollar. Das globale IPO-Volumen des guten Jahrgangs 2017
lag bei gerade einmal 189 Mrd. Dollar oder 0,9 Prozent der
Investitionen. Will man das positiv interpretieren, so könnte man
sagen, dass es noch sehr viel Raum für Wachstum am IPO-Markt gibt.
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