Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel "Söders Schachzüge" von Christine Schröpf zu Söder/Bienen-Volksbegehren
Geschrieben am 05-04-2019 |
Regensburg (ots) - Markus Söder hat beim Bienen-Volksbegehren
rechtzeitig die Notbremse gezogen - und dabei taktische
Verwandtschaft zu seinem Amtsvorgänger gezeigt: Horst Seehofer hatte
2013 in ähnlich aussichtsloser Lage nach dem Volksbegehren zur
Abschaffung der Studiengebühren ebenfalls die Waffen gestreckt.
Eingebrockt hatten es ihm die Freien Wähler, die jetzt selbst von der
bitteren Medizin kosten und sich politischen Realitäten fügen müssen.
Spätestens als eine Umfrage das klare Meinungsbild der Bürgerschaft
bestätigte, war klar, dass ein alternativer Gesetzentwurf der
Regierung zum Artenschutz chancenlos ist. Im Sommer an Infoständen
den Kampf für freie Mahd und Walz auf Wiesen zu führen, um sich bei
der Abstimmung die nächste Klatsche zu holen, wollte man sich
schenken. Der Schwenk ist trotzdem eine Niederlage. Speziell
Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger war das am Gesicht abzulesen. Der
CSU stinkt es aber auch. Die Offiziellen haben sich nur stärker im
Griff - jedenfalls weitgehend. Wie sehr der Unmut schwelt, zeigt der
Gefühlsausbruch des Oberpfälzer Europa-Abgeordneten Albert Deß, der
Söder postwendend Populismus vorwarf. Abgesehen von Ton und Stil: Deß
formuliert eine Grundsorge, die Landwirte umtreibt: Lohnt sich die
eigene Arbeit überhaupt noch? Die Bauernschaft als bisher treue
Wählerklientel von CSU und Freien Wählern ist skeptisch, ob
befürchtete Nebenwirkungen des Volksbegehrens tatsächlich durch
Begleitregelungen und viel Geld vom Staat abzufedern sind. Passgenaue
Lösungen sind höchst diffizil, speziell wenn es um den Erhalt von
Fördermitteln geht. Wo Zahlungen etwa für den Erhalt von
Gewässerrandstreifen wegfallen, weil Kleinode der Natur dort künftig
gesetzlich verpflichtend sind, lässt sich die Lücke nicht einfach
durch neue Geldtöpfe schließen. Es braucht den Segen der EU. Es muss
sichergestellt sein, dass wirklich diejenigen profitieren, die ein
Einnahmen-Minus haben. Auch der Gesetzentwurf des Volksbegehrens
steckt der Bayern-Koalition enge Grenzen. Die Initiatoren werden
genau darauf achten, dass nichts aufgeweicht wird. Söder und Aiwanger
sind Getriebene. Der Vorwurf des Populismus sticht aber nicht. In der
Demokratie entscheiden Mehrheiten, wo es langgeht. Die CSU hatte
damit nie ein Problem, solange sie auf dieser Basis selbst
durchregieren konnte. Volksbegehren sind ein elementares Korrektiv.
Sie nehmen Druck aus dem Kessel, wenn die Politik Wünsche von Bürgern
übersieht oder ignoriert. Der Erfolg der Bienenschützer ist deshalb
für Schwarz-Orange auch ein Warnsignal: Bürger wünschen sich beim
Umweltschutz konkrete Pläne und Verpflichtungen. Schöne Ankündigungen
überzeugen nicht. Das Bündnis für Artenschutz ist mit dem
Volksbegehren zu einer Kampftruppe zusammengewachsen. Die ÖDP hat mit
ihrer sympathischen Frontfrau Agnes Becker erneut Kampagnenfähigkeit
bewiesen. Die Grünen haben schon die nächsten Projekte im Köcher, mit
denen man Schwarz-Orange zum Handeln zwingen will.
Landtagsfraktionschef Ludwig Hartmann liebäugelt mit einem
Bürgervotum zum Flächenfraß, zudem mit einer Abstimmung für einen
neuen Nationalpark. Regieren klappt dieser Tage ganz gut auch ohne
Kabinettstisch. Einen Joker im Ärmel hat Söder aber doch. So sehr
über sein neues Faible für Runde Tische zuletzt gespöttelt wurde: Er
lieferte damit ein Erfolgsmodell. Im Gespräch wuchs zwischen
Kontrahenten wechselseitiges Verständnis. Der klügste Schachzug war,
den früheren Landtagspräsidenten Alois Glück als Moderator zu
verpflichten. Er ist eine Integrationsfigur: besonnen, pragmatisch,
fachkundig. Söder sollte ihn als Dauermediator verpflichten. Themen
gäbe es genug, auch in Ostbayern. Stichwort: Flutpolder und
Stromtrassen. Wahrscheinlich müsste Glück geklont werden, um alle
Konfliktherde zu befrieden, bei denen der Kurs der Politik und die
Standpunkte der Bürger derzeit kräftig auseinanderklaffen.
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