Westdeutsche Zeitung: Über die Trauer um Kirchen (Von Olaf Kupfer)
Geschrieben am 17-04-2019 |
Düsseldorf (ots) - Wie schwer ist es für die Gesellschaft, die
Last einer zerstörten katholischen Kirche zu tragen? Offenbar nicht
sonderlich, die Spendenbereitschaft nach dem Brand von Paris ist
gewaltig, von 700 Millionen Euro ist zu hören, Tendenz steigend, es
geht dabei sogar moralisch voran: Drei der reichsten Familien
Frankreichs wollen angeblich 500 Millionen Euro für den Wiederaufbau
von Notre-Dame spenden. An dieser Spendenwut vorbei ist längst die
Debatte gerauscht, warum die Menschen in solchem Ausmaß für Steine,
wohl viel weniger und ärmer an Empathie aber für Menschen
spenden - etwa für ertrinkende Flüchtlinge. Auch
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) musste diese Kritik
hinnehmen, weil er als Bevollmächtigter für deutsch-französische
kulturelle Angelegenheiten hochoffiziell und voller Überzeugung zu
Spenden für Notre-Dame aufgerufen hatte. Wie also richtig verhalten
in diesem Konflikt?
Ein guter Gradmesser ist die Erkenntnis, dass Katastrophen und
Unglücke nicht zu vergleichen und schon gar nicht in Ranglisten
aufzuarbeiten sind. Erlaubt ist, was gefühlt wird. Diese
psychologische Erkenntnis in Abrede zu stellen und Gefühle zu
bewerten, ist schon beim Paartherapeuten keine gute Idee. Und wenn
man sieht, welche Bedeutung eine Kirche als nationales Symbol zur
Identitätsstiftung haben kann in einer Zeit, in der Gemeinschaft
einen harten Kampf gegen zunehmende Individualisierung kämpft, ist
Respekt für jene, die trauern, spenden oder aufbauen wollen, eine
gute Wahl. Dass aber die katholische Kirche - wie zu hören ist - zu
denen wohl nicht gehören will, ist peinlich. Der 1905 in Frankreich
faktisch eingeführte Laizismus - die strikte Trennung von Staat und
Kirche - umfasst nicht die sakralen Gebäude, die vor 1905 gebaut
wurden. Die gehören dem Staat. Und der soll zahlen. So korrekt ist
die schwer reiche katholische Kirche dann doch. Und allein.
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