Allg. Zeitung Mainz: Hohes Ross / Mario Thurnes zu griechischen Reparationsforderungen
Geschrieben am 19-04-2019 |
Mainz (ots) - Stimmt. Da war mal was. Zweiter Weltkrieg und so.
Dabei wird der Deutsche nicht mehr gerne an seine Vergangenheit
erinnert. Der Rechte sowieso. Aber auch der Linke nicht. Der sieht
sich heute lieber als Teil eines moralischen Weltmarktführers, der
den Indischen Ozean rettet, indem er keine Pappbecher mehr benutzt
und Bündnispartnern Sparvorgaben diktiert. Aber es lohnt sich
durchaus, noch auf die Zeit zwischen 1933 und 1945 zu schauen. Nicht
nur wegen des verheerenden Krieges, den die Deutschen angezettelt
haben. Sondern auch wegen ihrer Haushaltpolitik davor. Der Staatsetat
der Nazis war reiner Betrug. Mit Taschenspielertricks schön
gerechnet. Wäre der Krieg nicht gekommen, wäre Deutschland bald
pleite gewesen. Nach dem Schlachten haben die westlichen Staaten im
Londoner Abkommen dem Schuldner einen großen Teil seiner Außenstände
erlassen. Man brauchte ihn nicht nur als militärisches Bollwerk gegen
den kommunistischen Block. Ein wohlhabendes (West-)Deutschland sollte
den roten Nachbarn zeigen, wie sexy der Kapitalismus sein kann. Was
ja dann auch funktioniert hat. Der Schuldenerlass war ein wichtiger
Baustein des "Wirtschaftswunders", das den Deutschen widerfahren ist.
Ob den Griechen aus alledem ein Recht auf Reparationen entsteht?
Müßige Diskussion. Es zeigt aber, dass es schlau sein kann, einem
Bündnispartner Schulden zu erlassen. Und wenn die Debatte nur dazu
führt, dass es manchem Deutschen auf seinem hohen, moralischen Ross
ungemütlich wird, dann hat es sich schon gelohnt, sie zu eröffnen.
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