Allg. Zeitung Mainz: Sozial bleiben / Reinhard Breidenbach zum Arbeitszeit-Urteil
Geschrieben am 14-05-2019 |
Mainz (ots) - Wieder einmal ist es ein EU-Gericht, das über einen
Sachverhalt urteilt, der in Deutschland Konsequenzen nach sich zieht.
So ist das in einer Gemeinschaft - man mag es an manchen Stellen
bedauern. Nicht aufgrund nationaler oder gar nationalistischer
Gefühlsaufwallungen, sondern mit Blick darauf, dass deutsche Gerichte
Besonderheiten hierzulande vielleicht punktgenauer würdigen könnten.
Inhaltlich geht es um die Arbeitszeit, und da will der Europäische
Gerichtshof die Arbeitnehmerrechte bewahren. Durchaus zu Recht. Denn
Globalisierung und Digitalisierung, die gerade einer Exportnation wie
Deutschland überragende Vorteile bringen, bergen auch Gefahren. Die
etwa, dass in den Branchen, in denen kein Fachkräftemangel herrscht,
der Druck auf Arbeitnehmer auch in punkto Arbeitszeit wächst.
Motto:Wer wegen jeder halben Überstunde mehr Geld fordert, passt
nicht zu uns. Die Grundregeln für die Arbeitszeit liegen eigentlich
fest, theoretisch. Die raue Wirklichkeit sieht aber oft anders aus.
Vielerorts fehlt die Tarifbindung, und wer nur einen Zeitvertrag hat,
ist ohnehin in einer schwachen Position. Natürlich gilt es zu
differenzieren. Für leitende Angestellte mit entsprechendem Salär
wird es in aller Regel kein Sonderopfer sein, in wichtigen
Arbeitsphasen den Feierabend zu verschieben. Andererseits muss
verhindert werden, dass bei der Arbeitszeit - natürlich auch beim
Lohn - auf breiter Front Wildwestmanieren einziehen und aus
mittelmäßig bis karg bezahlten Mitarbeitern das Letzte herausgeholt
wird - ohne Extra-Kohle. Marktwirtschaft muss sozial bleiben, auch im
21. Jahrhundert.
Pressekontakt:
Allgemeine Zeitung Mainz
Zentraler Newsdesk
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