Rheinische Post: Kommentar: Auch rechts der Mitte ist politisch legitim
Geschrieben am 18-06-2019 |
Düsseldorf (ots) - Es ist ein schwieriges Timing, das sich
Altbundespräsident Joachim Gauck für die Vorstellung eines Buches
ausgesucht hat, das im Kern für mehr Toleranz in Richtung rechts
wirbt. Man müsse zwischen rechts im Sinne von konservativ und
rechtsextrem unterscheiden, sagt Gauck. Diese Debatte jetzt, wo ein
Kommunalpolitiker mutmaßlich von einem Rechtsextremen getötet worden
ist? Gerade jetzt! Walter Lübcke hat sich selbst rechts der Mitte
einsortiert. Als wertkonservativer Patriot wird er beschrieben. Seine
positive Haltung gegenüber Flüchtlingen begründete er aus dem
christlichen Glauben. Auch das kann konservativ sein. Politisch
rechts der Mitte ist legitim. Rechtsextremismus ist es niemals. Die
Tat legt das wahre Problem offen. Der militante Rechtsextremismus ist
nicht umfassend im Visier der Behörden, rechtsextreme Umtriebe werden
zu spät oder gar nicht entdeckt. Die Erfahrungen aus dem NSU-Versagen
müssten diese Notwendigkeit doch eigentlich in jede Dienststube
getragen haben. Die Grenze zwischen rechts und rechtsextrem wird vom
Gesetz gezogen: Dort, wo Menschen wegen ihrer Herkunft, Rasse oder
Religion diskriminiert oder verleumdet werden, wo zur Gewalt
aufgerufen oder sie ausgeübt wird und sei es "nur" als verbale
Beleidigung. Gewinnen lässt sich der Kampf gegen Rechtsextremismus
nur, wenn ihn die politische Mitte gemeinsam führt. Demokraten, von
der Linken bis zur CSU, müssen die Ränder bekämpfen, nicht einander.
Und dann müssen Ermittler, Verfassungsschützer und Richter ihre
Arbeit tun. Der mutmaßliche Mörder hatte ein Vorstrafenregister, er
war wegen eines Brandanschlags auf ein Asylheim in Haft. Warum wird
so einer nicht als Gefährder beobachtet?
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Rheinische Post
Redaktion
Telefon: (0211) 505-2627
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