Mittelbayerische Zeitung: So ruiniert man Wohnbau/Mit dem Preisdeckel für Mieten fährt der Berliner Senat die Chance, bezahlbaren Wohnraum zu finden, an die Wand. Von Marianne Sperb
Geschrieben am 21-06-2019 |
Regensburg (ots) - Rot und Grün arbeiten stetig daran, dem Bürger
bezahlbares Wohnen und eine vernünftige Altersvorsorge unmöglich zu
machen. Mit dem Deckel, der Mieten auf Jahre einfriert, ist der
rot-rot-grüne Berliner Senat dem Ziel jetzt ein Stück näher. Das
passt ins Profil. Man kann an jüngste Enteignungsfantasien von
Juso-Chef Kevin Kühnert denken, an die eingeübte Tradition, den
Wohnbau zu verkomplizieren und zu verteuern, oder auch an ältere
Entscheidungen zur nachträglichen, vertragswidrigen
Rentenbesteuerung. Berlin könnte im ganzen Land Schule machen:
Thorsten Schäfer-Gümbel, Übergangsparteichef der SPD, denkt bereits
laut darüber nach, dass es den Mietdeckel bundesweit braucht. Die
beste Vorsorge fürs Alter ist das eigene Haus, als wichtiger sozialer
Kitt wirkt es auch noch. Der Normalverdiener wird dieses Ziel dank
deutscher Steuerpolitik auch hechelnd und nach 45 Berufsjahren nur
erreichen können, falls er erbt und sich dann auch die
Erbschaftssteuer leisten kann. Wer Glück, Fleiß und Sparsamkeit
mitbringt, bezieht sein Zubrot im Alter vielleicht aus einer Wohnung,
die er vermietet. Steht seine Immobilie in Berlin, kann er seine
Kalkulation in den Papierkorb werfen - falls der Mietdeckel kommt.
Das ist allerdings keineswegs sicher. Vermieter werden klagen. Auch
der Verband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen läuft Sturm
gegen den Deckel. Der Verband vertritt nicht nur Branchenriesen,
sondern vor allem Genossenschaften und Stadtbaugesellschaften, die
zuletzt maßvoll erhöht haben - und nun in Berlin für fünf Jahre
geknebelt werden. "Bezahlbarer Wohnraum ist die Frage unserer Zeit",
sagte Mieterbund-Chef Franz-Georg Rips in Köln zu Kanzlerin Angela
Merkel. Diesen Satz muss man dick unterstreichen. Nur: Enteignungen
oder Mietdeckel geben keine Antwort auf diese Frage. Der Beschluss
wird nicht mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen, sondern den Wohnbau an
die Wand fahren. Wenn sich Vermietung nicht rechnet, werden Miet- zu
Eigentumsflächen. Vermieter werden ihre Immobilie selbst beziehen
oder verkaufen - an Selbstbezieher. Investoren und Anleger werden
sich zurückziehen, Substanz wird nicht saniert, auch nicht
energetisch übrigens, Schattenmärkte werden sich bilden. Und
Normalverdiener, die mieten wollen, werden noch weniger Chance auf
eine geeignete Wohnung haben. Aufs Land ziehen, ist zu selten eine
Alternative - dank staatlich optimierter Unterversorgung mit Bus,
Breitband und anderer Infrastruktur. Spanien, USA, Portugal,
Großbritannien: Überall, wo der Staat in der Vergangenheit restriktiv
eingegriffen hat, ist die Zahl der Mietwohnungen gesunken. Auch in
der DDR übrigens, wo es Niedrigmieten gab - aber keine Wohnungen.
Portugal hat aus Fehlern von früher gelernt: Das Land belohnt
Vermieter, die Obergrenzen akzeptieren, statt sie zu bestrafen. Der
Mietdeckel setzt falsche Anreize; er bedient den Kobra-Effekt. Das
Prinzip hat seinen Namen von einer angeblichen Schlangen-Plage in
Britisch-Indien. Der Gouverneur setzte Kopfgeld auf jede getötete
Kobra aus. Die Folge: Überall im Land wurden Schlangen gezüchtet.
Nach dem gleichen Prinzip rief der Eigentümerverband Haus und Grund
auf, noch schnell Erhöhungen und Sanierungen anzukündigen, bevor der
Mietdeckel kommt. Was bezahlbaren Wohnraum schafft, sind zügige
Baugenehmigungen, weniger Bürokratie, niedrigere Baunebenkosten,
größere Chancen für Verdichtung, höhere Baulandausweisung,
Planungssicherheit für Vermieter, Sanierer und Investierer, beherzt
gesenkte Baustandards für Schall-, Lärm-, Klima-, Brand- und anderen
Schutz, und auch mehr Geld, gerade in Berlin. In zwölf Jahren baute
Berlin 12 000 Sozialwohnungen, das halb so große Hamburg mehr als 28
000. 2018 verdankte die Hauptstadt dem überhitzten Markt eine
Milliarde Euro Grunderwerbssteuer. In neue Sozialwohnungen steckte
sie einen Bruchteil.
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