Zum Verfassungsschutzbericht 2018: Rechtsextremismus muss höchste Priorität im Innenministerium bekommen / Maßnahmen der Bundesregierung zeigen wenig Wirkung
Geschrieben am 27-06-2019 |
Berlin (ots) - Anlässlich der heutigen Vorstellung des
Verfassungsschutzberichtes 2018 fordert die Amadeu Antonio Stiftung,
der Bekämpfung des Rechtsextremismus höchste Priorität im
Innenministerium einzuräumen. Die rechtsextremen Strukturen und
Netzwerke sind Ergebnis jahrzehntelanger Verharmlosung.
In den letzten Jahren wurden mehr als ein dutzend
rechtsterroristischer Gruppen mit Feindeslisten und konkreten
Anschlagsplänen bekannt. Einige dieser Gruppen sind bis in Polizei
und Sicherheitsbehörden verstrickt. Die rechtsextremen und
rechtsterroristischen Netzwerke von heute sind das Ergebnis einer
jahrelangen Verharmlosung und Verkennung der größten Bedrohung
unserer Demokratie.
"Die Zeit unter Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen waren
verschenkte Jahre. Die Behörde hat ihre Glaubwürdigkeit verspielt.
Die zaghaften Reformen nach dem NSU haben zu keinem
Mentalitätswechsel in der Behörde geführt. Auch im aktuellen
Verfassungsschutzbericht wird die rechtsradikale AfD nicht als Gefahr
für die Demokratie benannt.", sagt Anetta Kahane, Vorsitzende der
Amadeu Antonio Stiftung.
Maßnahmen der Bundesregierung zeigen wenig Wirkung
Die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung zeigen keine
erkennbare Wirkung in der rechtsextremen Szene. Stattdessen haben
Rechtsextreme zu neuem Selbstbewusstsein gefunden. Im aktuellen Klima
des Hasses, das durch Online-Hetze, vermehrte Drohungen gegen
Politiker und die demokratieverachtende Rhetorik der AfD getragen
wird, fühlen sich Rechtsextreme ermutigt, das demokratische Systems
auch mit Gewalt zu stürzen.
"Es ist ein naiver Glaube des Verfassungsschutzes, dass er die
rechtsextreme Szene kontrollieren und Informationen abschöpfen
könnte", erklärt Kahane. "V-Leute sind nicht die Lösung, sondern Teil
des Problems. Die rechtsextreme Szene weiß, dass sie unter
Beobachtung steht und hat längst einen strategischen Umgang mit dem
Verfassungsschutz gefunden. Die Beobachtung durch den
Verfassungsschutz allein ändert gar nichts und ersetzt kein
politisches Handeln. Statt mehr Mittel zum Rechtsextremismus beim
Verfassungsschutz einzusetzen, braucht es dringend mehr Gelder für
Demokratieprojekte und Opferberatungen."
Die Extremismusstrategie der Bundesregierung muss dringend
erneuert werden. Gegen Rechtsextremismus hilft nur eine Kombination
aus Prävention, Repression, entschlossenem politischen Handeln und
gesellschaftlicher Ächtung. Die Bundesprogramme gegen
Rechtsextremismus sollten sich nicht allein auf die Jugend
fokussieren und stärker auch ländliche Räume, das Internet und den
gefestigten Rechtsextremismus in den Blick nehmen. Es gilt,
rechtsextreme Netzwerke frühzeitig zu zerschlagen, Straftaten
konsequent zu verfolgen und Rechtsterrorismus auch als solchen zu
benennen und zu ahnden.
"Es ist unverständlich, dass es keine härtere Strafverfolgung
gegen rechtsextreme Netzwerke gibt, wenn diese Feindeslisten führen
und Waffendepots anlegen. Angriffe auf Politiker, Minderheiten und
Engagierte sind Angriffe auf die Demokratie, das Innenministerium
muss entsprechend handeln. Strukturen wie Combat 18 müssen endlich
verboten werden", fordert Kahane.
Reichsbürger bekommen Zulauf
Es ist zu begrüßen, dass das Milieu der sogenannten Reichsbürger
und Souveränisten stärker in den Blick genommen wird. Wichtiger als
Zahlen über Personen zu erheben wäre es jedoch, den antisemitischen
Kern und die rechtsextreme Tradition der Ideologie in der
Präventionsarbeit in den Fokus zu rücken.
"Reichsbürger führen nicht nur einen 'Papier-Krieg' gegen Justiz
und Verwaltung. Sie treten auch in persönlichen Gesprächen
aggressiv-kämpferisch auf. Immer mehr Menschen schließen sich dem
Denken der Reichsbürger an. Während einige Reichsbürger fiktive
Ein-Personen-Staaten gründen, organisieren sich andere in Gruppen und
werben um neue Mitstreiter. Die Reichsbürger und Souveränisten
greifen besonders in den ländlichen Raum. Viele Menschen sind im ganz
persönlichen Umfeld mit Reichsideologie konfontiert", berichtet
Benjamin Winkler von der Amadeu Antonio Stiftung, der das Thema in
Sachsen bearbeitet.
Pressekontakt:
Robert Lüdecke, Pressesprecher der Amadeu Antonio Stiftung
030/240 886 16 - robert.luedecke@amadeu-antonio-stiftung.de
Original-Content von: Amadeu Antonio Stiftung, übermittelt durch news aktuell
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