Pflege-Report 2019: Sicherstellung von Personal und Finanzierung drängt
Geschrieben am 08-07-2019 |
Berlin (ots) - Bis 2030 werden allein aufgrund der Alterung der
Bevölkerung zusätzlich rund 130.000 Pflegekräfte in der
Langzeitpflege gebraucht. Das zeigt eine aktuelle Analyse, die das
Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) im Rahmen des
Pflege-Reports 2019 durchgeführt hat. Dabei klafft schon heute eine
Lücke zwischen der Zahl der benötigten Pflegekräfte und den
tatsächlich vorhandenen. Hochgerechnet auf Vollzeitstellen pflegen
und betreuen aktuell knapp 590.000 Pflegekräfte die gesetzlich
versicherten Pflegebedürftigen. 2030 werden rund 720.000 Personen
benötigt. Bis zum Jahr 2050 steigt der Bedarf auf insgesamt knapp 1
Million Pflegekräfte an. "Dabei sind weitere Einflüsse auf den
Personalbedarf in unserer Projektion noch gar nicht abgebildet. So
entwickelt sich die Zahl der Pflegebedürftigen regelmäßig deutlich
schneller, als sich allein aufgrund der demographischen Entwicklung
ergibt. Auch die bereits angekündigten Regelungen zur verbesserten
Personalbesetzung in Pflegeheimen sind in diesen Zahlen noch nicht
berücksichtigt", sagt Dr. Antje Schwinger, Leiterin des
Forschungsbereichs Pflege im WIdO und Mitherausgeberin des neuen
Pflege-Reports.
Wie sich der Bedarf an Pflegefachpersonal in Zukunft entwickelt,
hängt eng mit der Entwicklung der Pflegebedürftigkeit in Deutschland
zusammen. Laut Pflege-Report waren 2017 ca. 4,6 Prozent der
gesetzlich Versicherten auf Pflege angewiesen. Nach den Prognosen des
WIdO wird ihr Anteil bis 2030 auf 5,5 Prozent ansteigen. 2050 werden
sogar 7,4 Prozent der gesetzlich Versicherten auf Unterstützung durch
die Pflegeversicherung angewiesen sein.
Diese Entwicklung ist aufgrund der jeweiligen Altersstruktur
jedoch in allen Bundesländern unterschiedlich. 2017 reichte die
Spanne des pflegebedürftigen Bevölkerungsanteils von 3,5 Prozent in
Bayern bis 6,7 Prozent in Brandenburg. Für 2030 prognostiziert der
Pflege-Report Anteile zwischen 4,1 Prozent in Bayern und 8,8 Prozent
in Brandenburg, 2050 werden die Unterschiede noch größer. Hamburg hat
danach mit nur 5,5 Prozent den niedrigsten Anteil an
Pflegebedürftigen, in Brandenburg steigt dieser auf 11,1 Prozent.
Damit legt der Anteil der zu pflegenden Bevölkerung in fast allen
Bundesländern von 2017 auf 2050 um 60 bis 70 Prozent zu, lediglich in
den Stadtstaaten fällt der Anstieg mit 40 Prozent geringer aus. "Alle
Bundesländer müssen sich den absehbaren personellen Herausforderungen
stellen, die mit der Entwicklung der Pflegebedürftigkeit
zusammenhängen. Deswegen ist es wichtig, dass die von der
Konzertierten Aktion Pflege gesetzten positiven Impulse,
beispielsweise bei der Bezahlung und der Ausbildung, zügig
aufgegriffen werden," so Antje Schwinger. Und weiter: "Unsere
Prognosen belegen zugleich eindrucksvoll, dass bei der Pflege noch
viele Herausforderungen zu bewältigen sind."
Ungelöst sind auch die Fragen, wie die Finanzierung der
Pflegeversicherung in Zukunft stabil aufgestellt werden kann und wie
Pflegebedürftige vor finanzieller Überlastung geschützt werden. So
sind die Ausgaben der sozialen Pflegeversicherung - ohne die Mittel
für den Pflegevorsorgefond - in nur sechs Jahren von 23 Milliarden
Euro im Jahr 2012 auf 40 Milliarden Euro im Jahr 2018 angestiegen.
Bis ins Jahr 2022 ist nach einer Prognose des WIdO eine weitere
Erhöhung auf rund 50 Milliarden Euro zu erwarten. Das entspricht
einem Anstieg von 220 Prozent in nur 10 Jahren.
Zugleich werden im heute bestehenden Teilleistungssystem der
Pflege alle Kosten für bessere Arbeitsbedingungen direkt an die
Pflegebedürftigen durchgereicht, so dass deren Eigenanteile weiter
ansteigen werden. Aktuelle Auswertungen des AOK-Pflegeheimnavigators
zeigen, dass sie schon heute im Mittel für die stationäre Pflege im
Heim ca. 740 Euro für pflegebedingte Ausgaben aus eigener Tasche
zahlen, zuzüglich der Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie
Investitionskosten - in Summe 1.900 Euro. Antje Schwinger warnt:
"Wenn die Grundidee der sozialen Pflegeversicherung erhalten bleiben
soll, nämlich das Pflegerisiko mit solidarischer Finanzierung
substanziell abzusichern, dann brauchen wir zeitnah weitergehende
Reformen." Dazu müsste auch geklärt werden, wie zukünftig die
Versorgung gestaltet und die Inanspruchnahme von Leistungen gesteuert
werden soll. "In Anbetracht des vorhandenen Personalengpasses und mit
Blick auf die endlichen Finanzierungsoptionen der Pflege brauchen wir
einen breiten gesellschaftlichen Diskurs, wie wir Pflege gestalten
wollen", so Schwingers Fazit.
Der Pflege-Report 2019 "Mehr Personal in der Langzeitpflege - aber
woher?" analysiert umfassend die Ursachen der Personalnot und die
möglichen Maßnahmen, die ein quantitativ wie qualitativ ausreichendes
Angebot an Pflegepersonal sicherstellen sollen. Zu den Ursachen
gehören beispielsweise die hohen krankheitsbedingten Fehlzeiten. Sie
entstehen durch die psychischen und physischen Belastungen in der
Pflege, die häufig als beschwerend empfundenen Arbeitszeitlagen sowie
das als nicht leistungsgerecht erlebte Einkommen. Die in den
Fachbeiträgen diskutierten Ansatzpunkte, die Pflege wieder
attraktiver zu machen und Pflegekräfte zu unterstützen, erstrecken
sich u. a. auf Ausbildungsreform und -förderung, Prävention und
Gesundheitsförderung für Pflegekräfte, Verbesserungen in der
Arbeitsorganisation und Führungskultur, Technikeinsatz in der Pflege,
verbesserte Personalquoten, Entlastung durch Zuwanderung und eine
bessere Vergütung von Pflegekräften. Ergänzend zum Schwerpunkt werden
in einem umfangreichen Datenteil empirische Analysen zur Entwicklung
der Pflegebedürftigkeit in Deutschland sowie zur Inanspruchnahme
verschiedener Pflegeformen bereitgestellt. Darüber hinaus liefert der
Report wesentliche Einblicke über die gesundheitliche Versorgung der
Pflegebedürftigen an den zentralen Schnittstellen der
Arzneimitteltherapie, zum Krankenhaus und der ambulant-ärztlichen
Versorgung.
Hinweis an die Redaktionen: Die Pressemitteilung inklusive
Grafiken finden Sie online
https://www.wido.de/news-events/aktuelles/2019/pflege-report-2019/
Der Pflege-Report 2019 steht zum kostenlosen Download zur
Verfügung: http://ots.de/igzT7k
Pressekontakt:
Wissenschaftliches Institut der AOK
Christine Göpner-Reinecke
Telefon: 030 34646 - 2289
E-Mail: presse@wido.bv.aok.de
Original-Content von: Wissenschaftliches Institut der AOK, übermittelt durch news aktuell
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