"Report Mainz" heute, 21:45 Uhr im Ersten / Sprecher für Menschenrechte der SPD-Bundestagsfraktion fordert Aufkündigung der "Seehofer-Deals" (FOTO)
Geschrieben am 30-07-2019 |
Mainz (ots) -
Asylbewerber und Nichtregierungsorganisationen berichten von
menschenunwürdigen Haftbedingungen in Griechenland nach der
Zurückweisung von der deutsch-österreichischen Grenze. Solche
Zurückweisungen sind seit August 2018 im Rahmen von Rücknahmeabkommen
mit Griechenland und Spanien möglich. Diese Abkommen waren Resultat
eines erbitterten Streits zwischen Bundeskanzlerin Merkel und
Innenminister Seehofer im vergangenen Sommer um eine direkte
Zurückweisung von Asylbewerbern an der deutschen Grenze. Als
Kompromiss hatte sich die Große Koalition auf bilaterale Abkommen
verständigt, die eine solche Rückführung möglich machen - bekannt
geworden als "Seehofer-Deals".
Ein Asylbewerber war nach eigenen Angaben nach seiner Rückführung
insgesamt drei Monate in Haft. Der Griechische Flüchtlingsrat, der
den Betroffenen mittlerweile anwaltlich vertritt, bestätigt diese
Angaben. Das ARD-Politikmagazin "Report Mainz" konnte entsprechende
Dokumente einsehen, die die Inhaftierung belegen. Nach Angaben seines
Anwalts hat der syrische Asylbewerber mehr als einen Monat der
Haftzeit in einer Arrestzelle verbracht, die eigentlich für eine
maximal 24-stündige Haft vorgesehen ist. Er hatte nach eigenen
Angaben keinen Zugang zu Hofgängen, musste in einer verdunkelten
Zelle auf dem Boden schlafen. Die griechische
Nichtregierungsorganisation AITIMA bestätigt ähnliche Fälle. Auch sie
betreut zwei Asylbewerber, die nach dem "Seehofer-Deal" von der
deutsch-österreichischen Grenze nach Griechenland abgeschoben wurden.
Beide seien nach ihrer Ankunft inhaftiert worden, einer von ihnen
einen Monat lang in einer Arrestzelle am Athener Flughafen, auch ihm
seien keine Hofgänge gestattet worden.
Das Bundesinnenministerium teilt auf Anfrage von "Report Mainz"
schriftlich mit, dass grundsätzlich keine Erkenntnisse zu den
jeweiligen Einzelfällen vorlägen. "Nach ihrer Ankunft am Athener
Flughafen unterliegen die Personen der Zuständigkeit der griechischen
Behörden", so ein Sprecher des Innenministeriums.
Asylrechtsexperten kritisieren das Rücknahmeabkommen mit
Griechenland als europarechtswidrig. Constantin Hruschka vom
Max-Planck-Institut für Sozialrecht in München im Interview mit
"Report Mainz": "Das ist eklatant europarechtswidrig und das kann in
dieser Form keinen Bestand haben. Ich denke nicht, dass es so einen
offensichtlichen Rechtsbruch in der Ära des Asylrechts schon gegeben
hat." Er kritisiert, dass vor den Zurückweisungen keine Prüfung
stattfindet, ob eine Rückführung zum Beispiel nach Griechenland
menschenrechtlich unbedenklich sei. Die Aufnahmebedingungen für
Flüchtlinge in Griechenland gelten als sehr schlecht. Eine solche
Prüfung sei in der in Europa geltenden Dublin-Verordnung eigentlich
vorgesehen. Damit sei das Abkommen laut Hruschka europarechtswidrig.
Das Bundesinnenministerium teilte auf Anfrage mit, es teile diese
Rechtsauffassung nicht. Bei den Zurückweisungen von der Grenze
handele es sich um vorgelagerte Verfahren, "so genannte
Pre-Dublin-Verfahren". Dafür gäbe es "keine besonderen
Verfahrensregelungen". Der Asylrechtsexperte Daniel Thym von der
Universität Konstanz, der regelmäßig als Berater von CDU und CSU
arbeitet, kritisiert diese Aussage: "Die Vorstellung, dass man auf
deutschem Boden die Dublin-Verordnung überhaupt nicht zur Anwendung
bringt, das dürfte juristisch sehr schwer zu argumentieren sein. Das
funktioniert so einfach nicht und wenn jemand das sich so vorgestellt
haben sollte, dann hat er juristisch geirrt."
Der menschenrechtspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion
Frank Schwabe fordert eine Aufkündigung der Rücknahmeabkommen:
"Dieses Verfahren muss umgehend abgeschafft werden, es beschädigt den
Rechtsstaat. Deutschland hat dafür Rechnung zu tragen, dass Menschen,
die schlichtweg auf der Flucht sind, nicht so lange im Gefängnis
sind."
Auch die migrationspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion
Die Linke, Gökay Akbulut, kritisiert die Zurückweisungen in
griechische Haft: "Deutsche Behörden können nicht einfach blind nach
Griechenland abschieben ohne die faktische Situation zu
berücksichtigen, die weiterhin ein humanitäres Desaster ist. Es kann
nicht sein, dass der Großteil der aufgrund des 'Seehofer-Deals'
abgeschobenen Menschen am Ende in Griechenland in Haft sitzen".
Bislang ist das Rücknahmeabkommen mit Griechenland nur in wenigen
Fällen angewendet worden. Das Innenministerium bestätigt auf "Report
Mainz"-Anfrage insgesamt 26 Zurückweisungen nach Griechenland und
zwei Zurückweisungen nach Spanien.
Weitere exklusive Informationen finden Sie auf
http://swr3.link/fmz Zitate gegen Quellenangabe "Report Mainz" frei.
Bei Rückfragen rufen Sie bitte in der Redaktion "Report Mainz" an:
06131 929-33351 oder -33352.
Original-Content von: SWR - Das Erste, übermittelt durch news aktuell
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