Abgasskandal: Verbraucherfreundliche Entscheidung aus Kleve / Klage trotz Kaufs nach Bekanntwerden des Skandals stattgegeben
Geschrieben am 01-08-2019 |
Köln (ots) - Das Landgericht in Kleve stellte sich in seiner
Entscheidung vom 12.07.2019, Az. 3 O 332/18 deutlich auf die Seite
der Klägerin und gab der Klage gegen den VW-Konzern statt, trotzdem
die Klägerin das betroffene Fahrzeug erst im April 2016 - also gut
ein halbes Jahr nach Bekanntwerden des Abgasskandals gekauft hatte.
Das Gericht hält diesen Aspekt für unschädlich.
Der Zeitpunkt des Fahrzeugerwerbs spräche nach Ansicht des
Gerichts nicht gegen eine täuschungsbedingten Abschluss des
Kaufvertrags: Die Klägerin habe nachvollziehbar im Einzelnen
dargelegt, welche Kenntnisse sie seinerzeit hatte.
Die von Volkswagen im September 2015 herausgegebene
"Ad-hoc-Mitteilung" sei weder vom Adressatenkreis noch inhaltlich
geeignet, potenzielle Kaufinteressen von Fahrzeugen umfassend zu
informieren. Auch aus der Existenz von "Presseartikeln" könne nicht
auf die Kenntnis der Klägerin gefolgert werden:
Von der Manipulation der Motorsteuersoftware seien schon nicht
alle Fabrikate der Marke VW betroffen, erst Recht sei es für Erwerber
eines Skoda-Fahrzeugs nicht bei Fahrzeugerwerb aufgrund von
Presseartikeln bekannt, dass dieser über einen EA189-Motor verfügte.
Mit diesem Urteil schließt sich das Landgericht Kleve dem immer
größer werdenden Kreis der Gerichte an, die sich nicht den Argumenten
der Volkswagen AG beugen und in diesen Fällen eine Kenntnis der
Betroffenen mit zum Teil abenteuerlichen Begründungen bejahen und die
Klagen deshalb abweisen.
Die Kanzlei Rogert und Ulbrich aus Köln konnte bisher folgende
Entscheidungen erstreiten, in denen der Klage trotzdem das Fahrzeug
deutlich nach der Ad-hoc-Mitteilung des VW-Konzerns stattgegeben
wurde (LG Bonn 06.03.2019, Az. 13 O 90/18; LG Hannover 26.04.2019,
Az. 5 O 88/18; LG Osnabrück 16.04.2019, Az. 1 O 3086/18; LG Stralsund
03.04.2019, Az. 1 O 23/18; LG Stuttgart 21.06.2019, Az. 16 O 480/18;
LG Stuttgart 18.01.2019, Az. 29 O 184/18; LG Wuppertal 06.06.2019,
Az. 1 O 353/18; LG Wuppertal 21.11.2018, Az. 3 O 150/18).
Das LG Wuppertal (21.11.2018, Az. 3 O 150/18) brachte es auf den
Punkt:
"Allein die Tatsache, dass der sog. Abgasskandal für bestimmte
Berufsgruppen - sei es aus wirtschaftlichen oder rechtlichen Gründen
- von besonderem Interesse war, führt nicht notwendig zu der
Schlussfolgerung, dass auch der Kläger die Problematik gekannt haben
muss. Dies gilt umso mehr, als ein Kennenmüssen eines Umstands nicht
ausreicht, um eine Täuschung darüber auszuschließen."
In dieselbe Kerbe schlug auch das Landgericht Stralsund (Urt.
03.04.2019, Az. 1 O 23/18).
"Ein etwaiges Mitverschulden der Klägerin hat die Beklagte
dazulegen und zu beweisen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das
Bekanntwerden der Umstände für die Käufer als Laien zunächst sehr
undurchsichtig war und von der Klägerin nicht verlangt werden konnte,
vertiefte Kenntnisse zu haben, die ihr den Rückschluss ermöglichten,
dass das Fahrzeug ebenfalls betroffen ist."
Diese Tendenz zeichnet sich auch in der nächst höheren Instanz ab.
So protokollierte der 7. Senat des OLG Stuttgart kürzlich in einer
mündlichen Verhandlung, dass "der Anspruch aus § 826 BGB bei Kenntnis
des Klägers über die Betroffenheit des konkreten Fahrzeugs vom sog.
"Dieselskandal" ausgeschlossen sein könnte. Nicht ausreichend dürfte
jedoch sein, dass der Kläger aufgrund von Ad-hoc-Mitteilungen,
Presseberichterstattungen und Ähnlichem allgemein vom sog.
"Dieselskandal" ggf. Kenntnis hatte und daher von einer Betroffenheit
des Fahrzeugs hätte wissen können. Insoweit dürfte auch eine grob
fahrlässige Unkenntnis (des Klägers) nicht schaden." (Protokoll der
mündlichen Verhandlung vom 11.07.2019, Az. 7 U 50/19).
"Auch in dieser Problematik findet erfreulicherweise derzeit eine
Wende statt. Die Rechtsprechung schützt auch in diesen Fällen die
Rechte des Verbrauchers und tritt mit Entschiedenheit den
fadenscheinigen Argumenten der Volkswagen AG gegenüber," stellt der
Kölner Rechtsanwalt Prof. Dr. Marco Rogert erfreut fest.
Kontakt::
Dirk Fuhrhop
Rechtsanwalt
Rogert & Ulbrich
Rechtsanwälte in Partnerschaft mbB
Ottostr. 12
50859 Köln
Telefon: (0049) (0)211/731 62 76-19
Fax: (0049) (0)211/25 03-132
E-Mail: fuhrhop@ru-law.de
Homepage: www.ru-law.de
Original-Content von: Rogert & Ulbrich, übermittelt durch news aktuell
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
696496
weitere Artikel:
- Mit PSA auf der sicheren Seite (FOTO) Berlin (ots) -
Persönliche Schutzausrüstung für Gebäudedienstleister umfasst
Arbeitsschutzbekleidung und Arbeitsschutzgeräte
Giftige Chemikalien in Reinigungsmitteln, Absturzgefahr von
Leitern oder mechanische Gefährdungen: Mitarbeiter von
Gebäudedienstleistern sind unterschiedlichen Gefahrenquellen
ausgesetzt. Daher zeigt die Internationale Reinigungsfachmesse CMS
Berlin 2019 - Cleaning.Management. Services (24.-27.9.) ein breites
Angebot von Persönlicher Schutzausrüstung (PSA) für die
unterschiedlichsten Reinigungsmaßnahmen. mehr...
- Google will Stadia zur eigenen Entertainment- und Gaming-Marke ausbauen Berlin (ots) - Phil Harrison: Wir wollen Spiele schaffen, die
niemals für einen PC oder eine Konsole möglich wären
Berlin, 1. August 2019 - Google will mit der im November
startenden Entertainment- und Gaming-Plattform Stadia den weltweiten
Entertainment-Markt aufmischen. "Was wir in diesem Jahr auf den Markt
bringen, ist schon lange nicht mehr nur ein Techservice. Wir wollen,
dass es der Start einer eigenen Entertainment-Marke ist", sagte der
Produktchef von Googles neuem Gaming- und Entertainment-Produkt Phil
Harrison im Gespräch mehr...
- FCA Italy und LexisNexis Risk Solutions entwickeln Möglichkeit der Partnerschaft, um neue, vorteilhafte und maßgeschneiderte Versicherungsdienstleistungen anzubieten - Durch die andauernde Partnerschaft zwischen FCA Italy und
LexisNexis Risk Solutions in Europa werden Autofahrern
maßgeschneiderte Versicherungsdienstleistungen angeboten, die die
Konnektivität im Fahrzeug, Fahrdaten- und Fahrerassistenzsysteme
nutzen.
- Für FCA ist die LexisNexis® Risk Solutions-Initiative Teil des
neuen globalen "Ökosystems" für vernetzte Fahrzeuge, das im
vergangenen April angekündigt wurde und die Online-Funktionen von
FCA-Fahrzeugen weltweit verbessern soll.
- FCA und LexisNexis werden ihre Zusammenarbeit mehr...
- Gemeinschaftliche Anstrengung, um die Vliesstoffbranche nachhaltiger zu machen Lenzing, Österreich (ots/PRNewswire) - Seit dem Launch der Marke
VEOCEL(TM) im Jahr 2018 verfolgt Lenzing eine neue Markenstrategie
mit Fokus auf gemeinschaftliche Projekte mit Industrie und
Verbrauchern, um das Thema Nachhaltigkeit in der Vliesstoffindustrie
voranzutreiben. 2019 hat Lenzing bereits wichtige Kooperationen mit
Markenpartnern angestoßen, darunter die niederländische Marke Sweeps®
und seazons® in China. Ziel ist es, das globale Bewusstsein für die
Zusammensetzung von Vliesstoffprodukten zu erhöhen. Die Einführung
der mehr...
- KfW Research: In der Kommunikation zwischen Bank und Mittelstand dominiert weiterhin persönlicher Kontakt Frankfurt am Main (ots) -
- Filialabbau und Digitalisierung wirken sich nur langsam auf
Kommunikationsmuster aus
- Persönliche Kontakte und Filialbesuche nehmen ab, bleiben für
den Mittelstand aber die bei weitem wichtigsten
Kommunikationskanäle
- Nutzung moderner digitaler Kanäle spielt noch geringe Rolle
Trotz anhaltender Ausdünnung der Filialnetze deutscher Banken und
wachsendem Trend zur Digitalisierung in der Finanzbranche dominiert
in der Kommunikation zwischen mittelständischen Unternehmen und mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Wirtschaftsnews
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
DBV löst Berechtigungsscheine von knapp 344 Mio. EUR ein
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|