Börsen-Zeitung: Stromschläge / Kommentar zur Lage der Autozulieferer von Walther Becker
Geschrieben am 06-08-2019 |
Frankfurt (ots) - Autokrise erfasst nächsten Konzern: Eine
Schlagzeile, die derzeit nahezu jeden Tag zu lesen ist. Ob
Hersteller wie BMW und Daimler, große Zulieferer wie Continental,
Bosch oder ZF Friedrichshafen oder Schaeffler. Mahle, Norma, Leoni
und ElringKlinger: Sie und viele andere müssen zurückrudern, einige
haben schon mehrfach ihre Prognosen kassiert. Und es gibt Pleiten
wie die des schwäbischen Anlagenbauers Eisenmann oder von Weber
Automotive am Bodensee. Stellenstreichungen, vereinzelt
Werksschließungen sind die Folge.
Klar ist, die Befürchtungen im Autoland wachsen. Krise? Bricht
sich da nicht eher der zyklische Effekt nach jahrelangem Höhenflug
Bahn, wenn jetzt davon ausgegangen wird, dass die weltweite
Produktion der Branche um 5% zurückgeht? Doch es sind mehr
Belastungsfaktoren: Für die von Washington verursachten Handels-,
Zoll- und Währungskonflikte können die Hersteller nichts, die
jahrzehntelang von der Globalisierung gut gelebt haben. Doch einen
guten Teil der Krise haben die Hersteller verursacht - ob
Dieselbetrug oder Kartellabsprachen. Klar ist, dass die Branche
mittel- und langfristig vor Umbrüchen steht - vor allem wegen sich
ändernder Konsumgewohnheiten in Großstädten, wegen der Folgen des
Klimawandels und damit verbundener neuer Antriebsarten. Das sorgt
schon jetzt für Stromschläge. Doch bis E-Mobilität tatsächlich zum
nennenswerten Faktor wird, der für Cash-flow sorgt und nicht bloß
Mittel verbrennt, ist die Branche auf die herkömmlichen Zulieferer
angewiesen. Etwa jeder Vierte der 840.000 Beschäftigten in der
Schlüsselindustrie arbeitet heute in der Produktion von Motoren und
Getrieben. Die E-Mobilität verschiebt auch die Machtverhältnisse
zwischen Herstellern und Zulieferern. Gefragt ist ein engeres
Zusammenrücken der Zulieferer. Sie müssen sich wappnen für Zeiten, in
denen Technologien für Verbrenner weniger gefragt, diese aber
zugleich noch auf Jahre erforderlich sein werden. Das kann etwa eine
Konzentration von Technologien wie Motorblock oder Gussteilen
bedeuten, die die Industrie noch lange einsetzen wird.
Die Unternehmen müssen Strukturen zur Erhaltung der "alten"
Technik entwickeln und Aktivitäten bündeln. Setzt es unkontrollierte
Pleiten, ist das ein Problem für die ganze Industrie - das hat nicht
zuletzt der Streit um die Neue Halberg Guss gezeigt. Doch gerade
kleineren Zulieferern fehlt es an finanzieller Manövriermasse. Ob
Hersteller, die lange harte Konditionen diktierten, einspringen, wenn
es darauf ankommt?
(Börsen-Zeitung, 07.08.2019)
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