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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zu Online-Shopping/Innenstädte: So stirbt die Stadt von Claudia Bockholt

Geschrieben am 09-09-2019

Regensburg (ots) - One Click Buy: Das ist nun wirklich
superpraktisch. Ein Mausklick - und die Ware kommt gegen geringe oder
gar keine Versandgebühr ins Haus. Der schnaufende Paketbote trägt den
neuen Fernseher, die zehn schwarzen Hosen und acht gelben Pullover
zur Auswahl sogar noch durchs Treppenhaus hinauf bis an die Haustür.
Man braucht gar nicht mehr rauszugehen... Ach ja, und irgendwann will
man es auch gar nicht mehr: Denn das inhabergeführte Schuhgeschäft,
die Apotheke mit der ausführlichen Beratung, die kleine Boutique mit
den Klamotten, die man nicht in jeder Fußgängerzone Europas findet -
es wird sie nicht mehr geben. Es sei denn, Vernunft siegt über die
Bequemlichkeit. Deutschland liegt mit 71 Prozent E-Commerce-Nutzern
in der Bevölkerung europaweit an der Spitze. Kein Wunder also, dass
die meisten deutschen Innenstädte bereits heute unter schleichender
Verödung leiden oder bereits jeden Rest Leben ausgehaucht haben. Ein
Filialist reiht sich an den nächsten, dazwischen Fresstempel, meist
Franchisenehmer. Ein fader Einheitsbrei, der keinen Appetit auf
Schaufensterbummel macht. Beim Anblick all der trostlosen
Ein-Euro-Shops und Billig-Futterbuden tritt man freiwillig den
Rückzug in die eigenen vier Wände an. In ostbayerischen Städten
stemmen sich engagierte Einzelhändler gegen den Trend, kämpfen mit
Festen, Ideen und gutem Service um jeden Kunden. Es gibt Bürstenläden
und Ledermanufakturen, hübsche Läden mit Kleidung und
Wohnaccessoires, die man nicht überall findet. Gerade in Regensburg
sorgen viele dieser kleinen Läden für entzückte Passanten. Doch auch
hier haben die Einzelhändler mit dreister Kundschaft zu tun, die sich
eingehend beraten lässt - und noch im Geschäft die Preise im Internet
checkt. Wer aber möchte, dass die Vielfalt und der Rest-Charme der
Innenstädte erhalten bleiben, muss es genau umgekehrt machen: online
schauen, was die Warenwelt so hergibt - und dann versuchen, das
Gewünschte vor Ort zu bekommen. Umweltschutz ist nur einer von vielen
Gründen, lokal zu kaufen. Man muss nicht mit dem Finger auf die
Freitagsdemonstranten zeigen. Sie meinen es ja gut. Aber sie wissen
hoffentlich, dass es vor allem die junge Generation ist, die
bevorzugt im Internet bestellt. Die einen großen Teil der jährlich
3,5 Milliarden Paketlieferungen auslöst und dazu rund eine
Viertelmilliarde Retouren. Wieviel Verpackungsmüll entsteht und
wieviel Dreck und CO2 all diese Sprinter und Lkw in die Luft pusten,
kann man klimabewussten junge Leuten durchaus ins Hausaufgabenheft
schreiben. Sie werden übrigens auch spitzen, wenn es den Radiergummi
für die Schule, die Nähnadel für den abgerissenen Knopf und das
Geschenkband für das Geburtstagspräsent nicht mehr im
Schreibwarenladen oder Stoffgeschäft, auch nicht im gut sortierten
Kaufhaus gibt. Wie wird es sein, wenn noch jeder kleinste Artikel im
Netz bestellt werden muss? Nervt nicht selbst die
24-Stunden-Lieferung, wenn der Knopf doch eigentlich heute noch an
den Mantel muss und das neue Schulheft schon für den nächsten Tag
benötigt wird? "Aber vor Ort ist alles teurer! Ich kann mir das nicht
leisten": Der Verweis auf die Notwendigkeit, sein Geld beisammen zu
halten, gehört zu jeder Diskussion um Risiken und Nebenwirkungen des
Online-Shoppings. Zugegeben: Wer knapp bei Kasse ist und bei einer
größeren Anschaffung 150 Euro oder mehr sparen kann, der hat ein
gutes Argument auf seiner Seite. Doch meist beläuft sich die
Ersparnis ja allenfalls auf ein paar Euro. Lebendige, lebenswerte
Innenstädte sollten uns so viel wert sein. Sonst zahlen wir am Ende
für den schnellen, bequemen Shopping-Klick einen sehr hohen Preis.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de

Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell


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