Rheinische Post: Kommentar /
Gute Ratschläge allein helfen nicht
= Von Philipp Jacobs
Geschrieben am 11-12-2019 |
Düsseldorf (ots) - Krankheiten können zum Stigma werden. Patienten, die an
Fettleibigkeit leiden, wissen das. Wer zu dick ist, hat das meist selbst zu
verschulden, ist häufig zu hören. Und ja, es stimmt zum Teil. Für unseren Körper
sind nur wir selbst verantwortlich. Wer viel Sport treibt und sich
vergleichsweise gesund ernährt, lebt nachweislich länger - und hält auch eher
sein Idealgewicht. Das immer wieder zu betonen, ist wichtig. Politik,
Krankenkassen und Ärzte dürfen nicht müde werden, mit Präventionsangeboten auf
die Probleme hinzuweisen. Doch es bringt nichts, Menschen, die an Adipositas
leiden - also an einer eigenständigen Krankheit -, mit auf den Weg zu geben, sie
möchten doch häufiger um den Block laufen und abends nur die Hälfte essen.
Derlei Ratschläge helfen nicht. Wer krank ist, braucht Hilfe. Für adipöse
Patienten gilt das ganz besonders. Ihre Fettleibigkeit resultiert womöglich aus
einer psychischen Erkrankung, die es zunächst herauszuarbeiten gilt. Denn die
Gründe für starkes Übergewicht können vielseitig sein.
Die Versorgung adipöser Menschen ist für die Krankenkassen und Mediziner keine
einfache Aufgabe. Zur Gewichtsreduktion gehört immer auch ein starker Wille, den
man bei den Betroffenen nicht weckt, indem man ihnen mit Vorurteilen begegnet.
Das mag mitunter auch an mangelndem Wissen liegen. Nicht jede Hausarztpraxis
wird über die Therapiemöglichkeiten in vollem Umfang Bescheid wissen. Außerdem
ist die Behandlung von Adipositas ein Langzeitprojekt, das eine enge Bindung zum
Patienten erforderlich macht. Vielleicht scheuen manche Mediziner deshalb vor
der Herausforderung zurück. Das wäre natürlich der falsche Weg. Wir brauchen
Prävention, wir brauchen das medizinische Wissen, und wir brauchen vor allem das
Verständnis für den Patienten.
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