Mehr Mut bei der Energie / Leitartikel von Tobias Kisling zum Atomausstieg
Geschrieben am 27-12-2019 |
Berlin (ots) - Kurzform: Was es braucht, wäre eine Signalwirkung vom Bund.
Entweder, indem er sich auf eine Branche fokussiert und noch stärker finanzielle
Bemühungen als bisher in Forschung und Infrastruktur investiert. Oder aber,
indem er sagt, dass Strom in Zukunft noch teurer wird, weil die eigene
Versorgung nicht ausreicht und mehr importiert werden muss. Das wäre zumindest
ehrlich und letztlich der Preis für den Atom- und Kohleausstieg. Stattdessen
kommt so etwas wie beim Wasserstoff heraus: Lautstark kündigte die
Bundesregierung das gesamte Jahr über an, vor Weihnachten eine Strategie zu
präsentieren, die Deutschland zum Marktführer mache. Eine Woche vor Weihnachten
wurde die Ankündigung dann jedoch verschoben. Die Wasserstoffstrategie soll
nächstes Jahr kommen.
Der vollständige Leitartikel: Ist ein Endlager für Atommüll, der Tausende von
Jahren radioaktiv verseucht sein wird, ein Standortvorteil? Auch wenn der
Präsident des Bundesamts für kerntechnische Entsorgungssicherheit, Wolfram
König, das so sieht, ist es nicht überraschend, dass die Bundesländer den
strahlenden Müll nicht in ihrer Erde wissen wollen. Gemeinhin dürfte wohl den
wenigsten Menschen die Aussicht, in der Nähe eines Endlagers zu wohnen, als
großer Pluspunkt erscheinen. Sonst gäbe es in Gorleben, das seit 42 Jahren ein
Symbol der deutschen Endlagersuche ist und wo bis vor drei Jahren in einem
eigenen "Erkundungsbergwerk" geforscht wurde, sicher mehr als 600 Einwohner. Der
Standort für ein Endlager ist der Schwarze Peter, den am Ende kein
Ministerpräsident seiner Wählerschaft zuschieben möchte. Die Nervosität der
Bundesländer verdeutlicht vor allem eines: Der Ausstieg aus der Atomenergie war
richtig. Als 2011 das Atomkraftwerk in Fukushima explodierte und Angela Merkel
eine 180-Grad-Wende in ihrer Atompolitik vollzog, traf sie einen Nerv. Auf eine
Stromquelle, die ein permanentes Sicherheitsrisiko darstellt, sei es durch einen
Unfall oder durch einen Anschlag, hatten immer weniger Menschen Lust. Es reicht
vollkommen aus, durch sanierungswürdige AKWs im Ausland gefährdet zu sein -
Stichwort Aachen, wo die Stadt vor zwei Jahren aus Sorge vor dem belgischen
Schrottmeiler Tihange Jodtabletten verteilte. Als die Stimmung gegen Atomstrom
war, stieg die Bundesregierung aus der Kernkraft aus. In drei Jahren gehen die
letzten deutschen Meiler vom Netz. Bis spätestens 2038 sollen auch die
umweltverpestenden Kohlekraftwerke stillgelegt werden. Die Regierung will weg
von Risiko und Stickoxiden, hin zu sauberem Strom. Schön und gut. Nur fehlt der
Mut zum großen Wurf. Klar ist: Die Energiewende gibt es nicht zum Nulltarif.
Deutschland könnte bei erneuerbaren Energien längst weiter sein. Als 2011 die
Laufzeitverlängerung der Atommeiler rückgängig gemacht wurde, bot die Anfang des
Jahrtausends stark geförderte Solarbranche über 110.000 Menschen Arbeit und
setzte 13,3 Milliarden Euro um. Im vergangenen Jahr waren davon noch rund 25.000
Mitarbeiter und ein Jahresumsatz von 1,5 Milliarden Euro übrig. China förderte
mit massiven Investitionen seine Billiganbieter ausdauernder und gewann die
Marktmacht. Jetzt ist die Bundesregierung auf dem besten Weg, bei der Windkraft
den Anschluss zu verlieren. Der Ausbau von Windrädern stockt erheblich -
auch weil Bürokratie die Genehmigungsprozesse verlangsamt. Hinzu kommt: Wieder
will die Regierung nicht den Wähler vergraulen, weshalb Wirtschaftsminister
Peter Altmaier (CDU) vehement für seine Abstandsregelungen warb. Auch auf dem
Meer geht es nicht voran, obwohl Pläne zur Erschließung weiterer Flächen in der
Schublade liegen. Was es braucht, wäre eine Signalwirkung vom Bund. Entweder,
indem er sich auf eine Branche fokussiert und noch stärker finanzielle
Bemühungen als bisher in Forschung und Infrastruktur investiert. Oder aber,
indem er sagt, dass Strom in Zukunft noch teurer wird, weil die eigene
Versorgung nicht ausreicht und mehr importiert werden muss. Das wäre zumindest
ehrlich und letztlich der Preis für den Atom- und Kohleausstieg. Stattdessen
kommt so etwas wie beim Wasserstoff heraus: Lautstark kündigte die
Bundesregierung das gesamte Jahr über an, vor Weihnachten eine Strategie zu
präsentieren, die Deutschland zum Marktführer mache. Eine Woche vor Weihnachten
wurde die Ankündigung dann jedoch verschoben. Die Wasserstoffstrategie soll
nächstes Jahr kommen.
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