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Im Jahr des Chaos, ein Marktkommentar von Dieter Kuckelkorn

Geschrieben am 03-01-2020

Frankfurt (ots) - Am ersten Handelstag des neuen Jahres herrschte an den
internationalen Finanzmärkten noch eitel Sonnenschein. An der Wall Street
stiegen die drei großen Aktienindizes wieder einmal auf Allzeithochs, und auch
diesseits des Atlantiks gab es deutliche Gewinne an den Aktienmärkten. Nur einen
Tag später sah die Situation schon wieder gänzlich anders aus. Die jüngsten
Ereignisse im Irak machen den Marktteilnehmern die großen Risiken deutlich, die
das Potenzial haben, für starke Verwerfungen an den Märkten zu sorgen.

Dabei geht es nicht nur, aber auch um politische Risiken - wie sie jetzt wieder
die Schlagzeilen beherrschen. Im vergangenen Jahr haben sich die politischen
Konflikte rund um den Globus an vielen Orten deutlich verschärft, was zu einem
starken Anstieg der Kriegsgefahr geführt hat. An erster Stelle zu nennen ist der
Versuch der USA, den Aufstieg der großen eurasischen Landmächte China und
Russland mit allen Mitteln zu verhindern oder zumindest zu verlangsamen, um so
die globale Vormachtstellung Amerikas zu zementieren.

An Orten wie den baltischen Staaten, der Ukraine, Syrien sowie dem
Südchinesischen Meer hätten dabei ohne weiteres bereits militärische
Konfrontationen entstehen können - und in der Folge scharfe Korrekturen an den
Finanzmärkten. Im vergangenen Jahr war es jedoch ein Glücksfall für die Märkte,
dass sämtliche führenden Akteure auf beiden Seiten der jeweiligen Konflikte ein
erstaunliches Maß an Zurückhaltung und Mäßigung bewiesen. Das galt nicht nur für
den amerikanisch-iranischen Konflikt, sondern auch beispielsweise für die
Konfrontation zwischen den beiden Atommächten Indien und Pakistan, deren
Militärs zeitweise bereits aufeinander schossen.

Dass diese überall zu spürende Zurückhaltung ein ungewöhnlicher Glücksfall war,
machen die jüngsten Ereignisse im Nahen Osten deutlich. Der amerikanische
Mordanschlag auf einen prominenten iranischen General und - das sollte nicht
übersehen werden - einen hohen General des mit den USA verbündeten Irak entbehrt
jeglicher strategischer Weitsicht und lässt für die kommenden Monate Schlimmes
erahnen. In die für die Energieversorgung der Welt unentbehrliche Region rund um
den Persischen Golf ist damit Chaos und Ungewissheit zurückgekehrt. Es besteht
die Gefahr, dass der Ölpreis, der bereits deutlich reagiert hat, in völlig neue
Dimensionen steigt. Die Folge davon wäre eine schwere Rezession der
Realwirtschaft rund um den Globus - mit verheerenden Folgen für die
Finanzmärkte, die sich bereits in einem recht anfälligen Zustand präsentieren.

Die aber wohl größte ökonomische Gefahr geht von der global exorbitant
gestiegenen Verschuldung aus. Nach Schätzungen des Institute of International
Finance (IIF) sind die Schulden weltweit per Ende 2019 auf den Rekordstand von
255 Bill. Dollar geklettert. Im gerade beendeten Jahr kletterten sie damit um
nicht weniger als 12 Bill. Dollar. In den entwickelten Ländern stieg die
Verschuldung per Ende 2018 - neuere Daten gibt es dazu nicht - auf 256 Prozent
des Bruttoinlandsprodukts und damit auf ein höheres Niveau als vor der
Finanzkrise von 2008/09.

Die Analysten der Bank of America merken dazu an, dass das größte
Rezessionsrisiko in einem ungeordneten Anstieg der Credit Spreads und in der
Folge einem Abbau des Leverage liege. Die Bank für Internationalen
Zahlungsausgleich (BIZ) warnt in einer Studie vor der Gefahr einer neuen
Finanzkrise. Und laut Einschätzung der Weltbank stellt die aktuelle Situation
eine besondere Gefahr dar, weil von dem Anschwellen der Verschuldung sowohl
Staaten als auch Unternehmen und private Haushalte betroffen sind und weil rund
drei Viertel der Staaten weltweit bereits jetzt Haushaltsdefizite aufweisen.

Zwar muss es nicht dazu kommen, dass die geschilderten politischen Konflikte und
ökonomischen Verwerfungen in diesem Jahr eskalieren. Vielleicht geht es auch
noch einmal gut, womit aber die Ungleichgewichte weiter zunehmen würden und
damit die Krisengefahren in den Folgejahren. Es besteht aber eine nicht
unerhebliche Wahrscheinlichkeit, dass es nach einem Jahr 2019 mit relativer
Stabilität und stattlichen Erträgen an den Finanzmärkten nun zu einem Jahr der
Konflikte und des Chaos und in der Folge erheblichen Korrekturen an den
Kapitalmärkten kommt.

Pressekontakt:

Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
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OTS: Börsen-Zeitung

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