Bundesfinanzminister will Kommunen entlasten¶ Scholz' cleverer Dreisprung¶ Thomas Seim¶
Geschrieben am 27-02-2020 |
Bielefeld (ots) - Die Hamburg-Wahl ist noch keine Woche her, da sortiert sich
die politische Großwetterlage neu. Sie tut dies mit einem Thema, auf dem derzeit
nicht gerade das Hauptaugenmerk liegt: die Schulden-Altlast der Kommunen.
Bundesfinanzminister Scholz will im März seinen Plan vorlegen, der die Übernahme
der Schulden durch den Bund vorsieht und etwa 40 Milliarden Euro kosten wird.
Die Union ist auf dem Baum. Scholz besetzt damit ein Thema, das für die
betroffenen Städte besondere Bedeutung hat. Sie sind seit Jahren gelähmt davon,
dass sie die Zinslasten für Altschulden kaum noch erwirtschaften. Von
Zukunftsinvestitionen ist da schon lange keine Rede mehr. Bislang waren Union
und SPD einig, dass man sich der Lage gemeinsam mit den Ländern annehmen muss.
Dass der mögliche SPD-Kanzlerkandidat dies nun mit neuen Schulden verknüpft,
verleiht der Debatte indes Sprengstoff. Die CDU sieht - wohl zu Recht - das von
SPD-Finanzminister, Unionsministern und Kanzlerin eingehaltene Gebot der
schwarzen Null angegriffen, nach dem der Bundesetat ausgeglichen bleiben muss.
Scholz seinerseits signalisiert mit dem Vorstoß den beiden SPD-Chefs
Walter-Borjans und Esken, dass er einen Weg gefunden hat, auf deren Forderungen
einzugehen, die schwarze Null zu lockern; und zwar nur für den besonderen Zweck
der Städteentlastung. Scholz tut dies zugleich in einer Zeit, in der die CDU
nach einem neuen Vorsitzenden sucht und deshalb sehr mit sich selbst beschäftigt
ist. Schließlich legt er dem Favoriten in der Merkel-Nachfolge, dem
NRW-Ministerpräsidenten Laschet, ein besonderes Thema in den Weg: In NRW gibt es
die meisten Kommunen mit großer Schulden-Altlast. Sie würden das Scholz-Angebot
sofort annehmen. Sie können dies aber nur mit Zustimmung der Landesregierung
tun, weil die Kommunalfinanzen Ländersache sind. Lehnt Laschets Regierung dieses
Angebot ab, wird das nicht ohne Folgen für die Kommunalwahlen in NRW im
September bleiben. Stimmt Laschet mit seiner Regierung zu, dann spaltet er die
Haltung seiner CDU im Bund. Im Rennen um den Vorsitz der Partei keine gute
Ausgangssituation. Man muss den Vorstoß von Scholz deshalb als das nehmen, was
er nach der Wahl in Hamburg wohl ist: die Bestätigung seines Anspruchs auf die
SPD-Kanzlerkandidatur, verbunden mit einem Angebot an die beiden SPD-Chefs, das
es ihnen schwerer macht, zu widersprechen. Gleichzeitig reitet der Vizekanzler
eine Attacke auf den Wettbewerber CDU. Oder einfach: ein cleverer Dreisprung.
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