Keine Hürden für den Frieden/Die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain wollen Botschaften in Tel Aviv eröffnen. Der Nahe Osten unternimmt kleine Schritte in die richtige Richtung.
Geschrieben am 18-09-2020 |
Berlin (ots) - Innerhalb von kaum vier Wochen verdoppelt Israel die Zahl der Staaten, mit denen es ein Friedensabkommen verbindet, von bislang zwei auf vier. Mitte August kam die Nachricht von der Annäherung an die Vereinigten Arabischen Emirate, und wenig später wehten die weißen Fahnen auch über dem Königreich Bahrain. Weitere Abkommen sollen folgen, verspricht US-Präsident Donald Trump, der sich zu Recht als Vermittler inszeniert, seinem Freund Benjamin Netanjahu. Ein schöner Grund, die Gläser klirren zu lassen.
In Israel wirft das Spektakel vor dem Weißen Haus jedoch so recht niemanden vom Hocker. Die Stimmung im heimischen Lockdown ist Welten entfernt von der einstigen Euphorie, die herrschte, als der ägyptische Präsident Anwar al-Sadat 1977 nach Jerusalem kam, und auch als 20 Jahre später erst der Chef der PLO (Palästinensische Befreiungsbewegung), Jassir Arafat, und schließlich König Hussein von Jordanien dem damaligen israelischen Ministerpräsidenten Itzhak Rabin die Hand reichten.
Doch weder mit den Emiraten noch mit Bahrain, die beide rund 2.000 Kilometer von Israel entfernt liegen, gab es je Krieg. Was nützt dem David-Normal-Israeli schon ein Abkommen mit Bahrain, außer vielleicht der günstigeren Flugverbindung auf dem Weg nach Indien. Und Shopping in Dubai wird sich bei der aktuellen Wirtschaftsmisere allenfalls die Hautevolee der IT-Branche leisten können.
Die großen Probleme des Judenstaates löst die neue Annäherung schon gar nicht, weder die Besatzung in den Palästinensergebieten, noch die Raketen aus dem Gazastreifen, die Aufrüstung der Hisbollah im Libanon, die iranischen Revolutionsgarden in Syrien und schließlich Iran. Wobei sich der Erzfeind letzthin auch als ganz nützlich erweist. Schließlich wäre es ohne die drohende Atommacht der Ajatollahs wohl kaum zu der wunderbaren Freundschaft zwischen Jerusalem und den zwei kleinen Golfstaaten gekommen.
Die Geister scheiden sich darüber, ob die neuen Abkommen die Perspektiven für einen gesamtnahöstlichen Frieden verbessern oder nicht. SkeptikerInnen sagen, dass Netanjahu nun noch weniger zu Kompromissen in der Palästinenserfrage bereit sein werde. SkeptikerInnen sagen auch, dass die Chancen durch den Alleingang Bahrains und der Emirate schwinden, weil eine Normalisierung der Beziehungen zur arabischen Welt der Preis für die Beendigung der Besatzung in den besetzten Palästinensergebieten sein sollte. Die aber dauert bekanntermaßen unverändert an.
Entsprechend zornig reagieren die PalästinenserInnen. Man mag es ihnen nicht verübeln.
Machtlos müssen sie zusehen, wie sich die, die sie als ihre Verbündeten ansahen, in die Arme der Besatzungsmacht werfen. Die Rechnung von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, die Eigenstaatlichkeit früher oder später per Mobilmachung der internationalen Bühne zu erzwingen, ging definitiv nicht auf. Deshalb ist es ganz richtig, wenn Bettina Marx von der Heinrich-Böll-Stiftung in Ramallah den PalästinenserInnen rät, so langsam Bilanz zu ziehen.
Letztendlich geht es bei den beiden Abkommen um bilaterale Beziehungen Israels, und die gehen die Palästinenser genauso wenig an, wie Israel umgekehrt einen Einfluss haben sollte, wenn Frankreich oder Schweden den Staat Palästina anerkennen. Jassir Arafat machte schon vor 40 Jahren das wütende Rumpelstilzchen, als Anwar al-Sadat als erster Staatschef Frieden mit Israel zustimmte, und der Handschlag des Königs gefiel ihm genauso wenig.
Na und? Dass die Palästinenser bis heute keinen Staat haben, liegt weder an Ägypten noch an Jordanien, sondern am Terror, etwa durch die Hamas, und an Israels Siedlungspolitik.
Wenn Israel und die PLO an den Verhandlungstisch zurückkehren, werden künftig auch die Emirate und Bahrain ein Wörtchen mitzureden haben. Die neuen Abkommen sind eine gute Nachricht - auch für die Palästinenser.
Pressekontakt:
taz - die tageszeitung
Nina Apin
Telefon: +49 30 25902 255
meinung@taz.de
Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/42630/4710954
OTS: taz - die tageszeitung
Original-Content von: taz - die tageszeitung, übermittelt durch news aktuell
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
748689
weitere Artikel:
- Zeichen der Schwäche Frankfurt (ots) - Alexander Lukaschenko greift während der belarussischen Freiheitsrevolte tief in die Klaviatur antiwestlicher Propaganda. Die Ketten von Nato-Panzern rasselten bereits vor den Toren des Landes, behauptet der Diktator. Das klang schon fast nach Krieg. Doch dann passierte - nichts. Alles normal, meldeten Warschau und Vilnius. In Brüssel kommt die Nato mit den Dementis kaum hinterher. Vor allem aber erreicht Lukaschenko die Mehrheit der Menschen in Belarus nicht mehr. Er vermittelt den Eindruck eines irrlichternden Anführers, der mehr...
- Polizeiskandal in NRW: Ein Beamter verschickte 50 von 160 Posts Köln (ots) - In der Affäre um rechtsextremistische Chatzirkel bei der Polizei in NRW kommen neue Details zutage: Wie der "Kölner Stadt-Anzeiger" aus Justizkreisen erfuhr, soll allein ein Beamter aus der Polizeiinspektion 4 in Mülheim Ruhr zwischen Ende Juli 2015 und Mai 2020 50 der 160 hetzerischen Posts in einer Chatgruppe namens "Alphateam" eingestellt haben. Bisherigen Angaben der Ermittler zufolge handelte es sich um eine Kernchattruppe mit 15 Mitgliedern in Ruhrmetropole, in der Hakenkreuze oder Hitler-Bilder per WhatsApp kursierten. Darüber mehr...
- "nd.Die Woche": Kommentar zu den Corona-Hilfen des Bundes für die Kommunen Berlin (ots) - Es kommt selten vor, dass Entscheidungen in Koalition und Bundesrat einmütig durchgehen und sich auch die Opposition mit Kritik zurückhält. Das jetzt beschlossene Coronahilfspaket des Bundes für die Kommunen, das sogar eine Grundgesetzänderung erforderlich machte, ist so ein Fall. In der Tat ist daran nichts auszusetzen. Zwar haben alle Gebietskörperschaften schwer zu knabbern an Steuerausfällen infolge des Lockdowns, doch der Bund kann sich quasi zum Nulltarif am Kapitalmarkt finanzieren. Diese Möglichkeit haben Städte und Gemeinden mehr...
- Blinde Flecken überwinden / Von Jana Wolf Regensburg (ots) - Es sind abscheuliche Einblicke in die rechtsextremen Chat- und Denkwelten einer Gruppe von Polizisten in Nordrhein-Westfalen: Hitler-Bilder, Nazi-Symbole, menschenverachtende Darstellungen und das fiktive Bild eines Flüchtlings in der Gaskammer. Diese Details aus den fünf Kommunikationskanälen der Beamten sind bislang an die Öffentlichkeit gedrungen und man möchte wohl gar nicht genauer wissen, welche rassistischen, neonazistischen Abgründe sich dort noch auftun. Die Mülheimer Fälle haben die Debatte über die Anfälligkeit von mehr...
- Mitteldeutsche Zeitung zu Belarus Halle (ots) - Alexander Lukaschenko greift bei der belarussischen Freiheitsrevolte tief in die Klaviatur antiwestlicher Propaganda. Die Ketten von Nato-Panzern rasselten bereits vor den Toren des Landes, behauptet der Diktator. Polen und Litauen planten eine Invasion. Die Supermacht USA ziehe die Fäden. Nun kündigte Lukaschenko sogar an, die Westgrenzen zu schließen und mit Truppen zu verstärken. Das klang schon fast nach Krieg. Doch dann passierte zunächst einmal - nichts. Weißrusslands Präsident vermittelt zunehmend den Eindruck eines irrlichternden mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|