"nd.DerTag": Sexualisierte Gewalt in der humanitären Hilfe ist die Regel
Geschrieben am 20-10-2020 |
Berlin (ots) - Sexualisierte Gewalt sei für viele Frauen in Kriegs- und Krisengebieten die Regel und nicht die Ausnahme, sagt die Gründerin der Frauenrechtsorganisation medica mondiale, Monika Hauser in "nd.DerTag" (Mittwochausgabe). "Wir sollten aufhören, von Einzelfällen zu reden, sondern wirklich die Systemimmanenz benennen". Überall dort, wo es ungleiche Machtstrukturen gibt, werde sexualisierte Gewalt gefördert - so auch in der humanitären Hilfe. Kürzlich ist bekannt geworden, dass zwischen 2018 und 2020 offenbar 51 Frauen in der Demokratischen Republik Kongo durch Mitarbeiter internationaler Nichtregierungsorganisationen sexuell ausgebeutet und missbraucht wurden. Von solchen Skandalen höre sie "seit Jahrzehnten", erzählt Hauser im Interview mit "nd.DerTag" und nennt Beispiele: 2014 in der Zentralafrikanischen Republik, in den 1990er Jahren in Bosnien oder auch 2010 nach dem Erdbeben in Haiti. "Es ist davon auszugehen, dass all diese bekannten Skandale lediglich die Spitze des Eisbergs sind", so die Frauenrechtlerin. Mit Verweis auf Partnerorganisationen von medica mondiale berichtet sie von dem Erzwingen sexueller Handlungen als Gegenleistung für Hilfsgüter, Jobs oder gar Nahrungsmittel. Gleichzeitig gäbe es in vielen Ländern keinen funktionierenden Justizapparat und massive Korruption. "Ich erlebe immer wieder, dass Täter sich bei Justiz und Polizei sehr leicht freikaufen können. Das ist eine dramatische Situation, in der für Frauen Gerechtigkeit ein leeres Wort ist." Zwar hätten Debatten, wie durch #MeToo mittlerweile weltweit klar gemacht, dass das Schweigen über sexualisierte Gewalt gebrochen werden muss. Dennoch sei es ist ein langer Weg, bis sich grundlegend etwas verändert, befürchtet Hauser. Die Arbeit internationaler Organisationen hält sie trotz der Skandale für unverzichtbar: "Internationale Hilfsorganisationen mildern seit Jahrzehnten immer wieder die schlimmsten Folgen humanitärer Krisen." Doch seien sie nicht losgelöst von patriarchalen Strukturen. Es sei daher wichtig, "dass die Wegschau- und Gewaltkultur endlich ein Ende hat."
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