Elektromobilität: TÜV Rheinland steigt in Prüfung von Antriebsbatterien ein / Projekt zusammen mit Aachener ConAC: Millioneninvestition für neues Labor im deutsch-niederländischen Gewerbepark Avantis
Geschrieben am 27-10-2020 |
Köln (ots) - TÜV Rheinland steigt in die Prüfung von Antriebsbatterien für Elektrofahrzeuge im europäischen Markt ein. Der international tätige Prüfdienstleister und das junge Aachener Unternehmen ConAC starten gemeinschaftlich den Aufbau eines Testzentrums für Antriebsbatterien. Das Labor wird mit einer Fläche von rund 2.000 Quadratmetern zu den größten und modernsten seiner Art in Europa gehören. Das Investitionsvolumen beträgt über 22 Millionen Euro, im Vollbetrieb werden 25 Mitarbeitende im Prüfzentrum tätig sein.
Das Labor im Gewerbepark Avantis soll den Betrieb bereits im September 2021 aufnehmen. Es entsteht in einem Gebäude auf der niederländisch-deutschen Grenze, die unmittelbar durch das Prüfzentrum selbst verläuft. Zum Bau und Betrieb des Labors gründen TÜV Rheinland und ConAC ein Joint Venture, in dem TÜV Rheinland Mehrheitsgesellschafter ist. ConAC ist ein Tochterunternehmen der Aachener PEM-Gruppe mit ihrem Hauptgesellschafter Prof. Dr.-Ing. Achim Kampker.
Dr.-Ing. Michael Fübi, Vorstandsvorsitzender der TÜV Rheinland AG und Mitglied im Ständigen Expertenrat Elektromobilität der Landesregierung NRW: "Elektromobilität boomt, steht aber gleichzeitig noch in den Startlöchern. Unsere Investition in die Zukunftstechnologie Batterietechnik stellt deshalb einen wichtigen Beitrag für die Mobilitätsbranche und den Industriestandort NRW und darüber hinaus dar. Durch die Partnerschaft von TÜV Rheinland mit der PEM-Gruppe sind wir ab sofort in der Lage, für die Branche die gesamte Wertschöpfungskette rund um Traktionsbatterien von Fahrzeugen abzudecken: von Unterstützung bei der Entwicklung über umfassende Tests bis zur Typprüfung. Unsere Kernkompetenz als internationaler Prüfdienstleister rund um Sicherheit und Qualität von Technologien bringen wir hier ein. Denn Innovationen können nur erfolgreich am Markt bestehen, wenn sie sicher und verlässlich sind."
Prof. Achim Kampker, Inhaber des Lehrstuhls für Produktionstechnik für Elektromobilitätskomponenten (Production Engineering of E-Mobility Components, PEM) an der RWTH Aachen: "In den kommenden Jahren besteht in Europa erheblicher Bedarf an Kapazitäten für die Prüfung von Antriebsbatterien. Diese Investition kommt deshalb genau zum richtigen Zeitpunkt. Gleichzeitig wird die technologische Entwicklung im Batteriesektor dynamisch voranschreiten: Leistungsfähigkeit, Reichweite, Haltbarkeit und Lebensdauer, Kosten, Materialeinsatz und Recyclingfähigkeit sind dabei wichtige Aspekte. Wir werden alle diese Entwicklungen hier am Technologie-Hub Aachen-Heerlen mitgestalten. Dabei bringen wir unser Netzwerk und unsere langjährige Erfahrung mit ein."
Achim Kampker zählt in seinem Fachgebiet zu den führenden Experten weltweit und war bereits im Jahr 2014 Mitbegründer der PEM Motion. Auch Prof. Kampker ist Mitglied im Expertenrat Elektromobilität der Landesregierung NRW und darüber hinaus Teil des Forschungskonsortiums für die Batterieforschungsfabrik in Münster, die durch das Bundesforschungsministerium mit bis zu 500 Millionen Euro finanziert wird.
Große Dynamik im Markt
Einige Fakten zeigen bereits die große Dynamik im Markt für Batterieprüfung: Die Zahl der Neuzulassungen bei rein elektrisch betriebenen Fahrzeugen lag 2019 in Deutschland bei 63.000, allein von Januar bis Oktober schon bei über 98.000. Innerhalb der EU hat sich die Zahl der Neuzulassungen bei vollelektrischen Fahrzeugen und Plugin-Hybriden im Vergleich von 2019 und 2020 nahezu verdoppelt. Und der Trend setzt sich immer weiter immer schneller fort. Entsprechend wird der Bedarf an Prüfkapazitäten für Batterien in den kommenden fünf Jahren weiter erheblich steigen.
Sicherheit und Qualität: Prüfungen nach internationalen Anforderungen
Geplant ist, dass die Fachleute in dem neuen Testzentrum Batterien bis zu einem Gewicht von rund 800 Kilogramm allen gängigen Tests unterziehen können. Zum Vergleich: Die meisten herkömmlichen Fahrzeugbatterien haben aktuell ein Gewicht zwischen 300 und 600 Kilogramm. Fernern können entwicklungsbegleitende Validierungen für Hersteller durchgeführt werden.
Zum Leistungsspektrum des Labors gehören unter anderem die entsprechenden Tests auf Basis obligatorischer Vorgaben für die Typgenehmigung von Batterien wie ECE R100 zur Prüfung und Genehmigung von Lithium-Ionen-Batterien oder UN 38.3. für den Transport von Antriebsbatterien. Auch weitergehende freiwillige Tests nach Herstellervorgaben zur zusätzlichen Qualitätssicherung sind möglich, beispielsweise auf Basis der Prüfvorschrift LV 124 für Hochspannungs-Batterien.
Zur technischen Ausstattung des Labors gehören große Klimakammern zur Simulation extremer Temperaturschwankungen und -belastungen (-40 bis +90 Grad Celsius) sowie von Luftfeuchtigkeit von 10 bis 95 Prozent, eine Salz-Korrosionskammer, einen Teststand für Spritzwasser sowie ein Prüfstand zur Simulation von Schwingungen und Stößen. Darüber hinaus verfügt das Labor über Anlagen zur Simulation der Lebensdauer und Haltbarkeit einschließlich Be- und Entladen der Batterien und über eine eigene Bunkeranlage für Falltests, Nagelpenetration, Über- und Tiefenentladung, Druck, Quetschung und Brandsimulation. Ziel ist es, alle gängigen Sicherheitsstandards umfassend abprüfen zu können. Im Fokus steht dabei zunächst zum Start der stark wachsende Prüfmarkt für Traktionsbatterien von Fahrzeugen, aber perspektivisch soll das Testangebot auf weitere Speicheranwendungen ausgeweitet werden.
Partner TÜV Rheinland und PEM-Gruppe mit breiter Erfahrung
TÜV Rheinland ist weltweit in der Prüfung von Speichersystemen und Batterien für nahezu alle Anwendungen aktiv. Gleiches gilt für das internationale Kompetenzteam für die Homologation von Kraftfahrzeugen und Fahrzeugkomponenten zur Erlangung der Straßenzulassung neuer Typen in allen führenden Märkte. Das Testlabor in Heerlen-Aachen wird deshalb in das Arbeitsfeld "Engineering und Homologation" im Geschäftsbereich Mobilität bei TÜV Rheinland integriert. Dieser Geschäftsbereich erzielte im Jahr 2019 einen Umsatz von knapp 560 Millionen Euro.
Die 2014 als Ableger an der RWTH Aachen von Prof. Kampker mitbegründete PEM-Gruppe bietet kundenspezifische Beratungs- und Engineering-Dienstleistungen. Zu den Kunden in der Automobil- und Mobilitätsbranche gehören OEMs, Zulieferer und Start-ups. Die PEM-Gruppe hat aktuell rund 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Neben Standorten in Deutschland und den Niederlanden gibt es weitere Standorte in den USA, Mexiko und China.
Das Joint Venture zum Betrieb des neuen Prüfzentrums wird somit bereits zum Start über hochqualifizierte Fachleute mit einem breiten und langjährigen Fach- sowie Branchen-Know-how verfügen.
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