Westdeutsche Zeitung: Gier und Doppelmoral macht vor Volksvertretern nicht Halt - Die Steinewerfer verstummen = Von Friedrich Roeingh
Geschrieben am 22-02-2008 |
Düsseldorf (ots) - Der Steuerskandal nimmt eine mehr als pikante Wendung. Natürlich war von Anfang an klar, dass sich unter den knapp 1000 Namen, die den Staat um mehr als eine Milliarde Euro Steuern betrogen haben, nicht nur Konzernvorstände befinden - auch wenn der Fall Zumwinkel so schön zur Generalabrechnung mit den Spitzen der deutschen Wirtschaft einlud. Wir haben auf prominente Erben gewartet, auf gierige Showstars, auf Spitzensportler sowieso und vielleicht auch auf den ein oder anderen Medienmanager. Nun sind es ausgerechnet eine Handvoll Volksvertreter, ehemalige Abgeordnete des Deutschen Bundestages, die ins Visier der Steuerfahnder geraten sind.
All diejenigen werden jetzt ganz kleinlaut, die aus ihrer Entrüstung über gierige Manager politisches Kapital schlagen wollten. Sie hätten es besser mit der biblischen Weisheit gehalten: "Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein." Doch für ironische Betrachtungen ist die Wendung im Liechtenstein-Skandal zu ernst. Die Verdächtigungen, die nach der Qualität der Daten fast schon als Gewissheiten gelten können, sind geeignet, das Vertrauen in die Politik zu erschüttern. Wir hatten uns daran gewöhnt, ihre Repräsentanten als machtversessen und karrierebewusst, als populistisch und prinzipienlos anzusehen. Steuerbetrug zugunsten der Parteikasse war uns auch nicht neu. Persönliche Bereicherung auf Kosten der Bürger mochten wir ihnen aber doch nicht unterstellen.
Gleichwohl muss es uns gelingen, den Einzelfall nicht zur Skandalisierung einer Gruppe heranzuziehen. Das gilt für Wirtschaftsbosse nicht weniger als für Abgeordnete und jene Spezies, die noch in den Fokus dieses Skandals rücken werden. Wir müssen auch unsere fast schon lustvolle Wahrnehmung korrigieren, die Welt werde immer korrupter. Die Luxemburg-CD dokumentiert jedenfalls nicht den Sittenverfall der Jetzt-Zeit, sondern eher den der glorifizierten Bonner Republik. Doch wenn wir ehrlich mit uns sind, dann müssen wir auch hier erkennen, dass wir vor allem Menschen ertappen. Menschen, die sich selbst belügen und andere betrügen, auch wenn wir an sie zu Recht höhere moralische Maßstäbe anlegen als viele von ihnen erfüllen können.
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