Westfalenpost: Gemischte Gefühle "Agenda 2010" - fünf Jahre später
Geschrieben am 13-03-2008 |
Hagen (ots) - Von Winfried Dolderer
Fünf Jahre, ein halbes Jahrzehnt, das ist gewissermaßen die Mindestgedenkfrist. Eine erste Etappe im Zeitfluss, wo man innehalten und zurückschauen kann. Das Ereignis, um das es heute geht, ist bemerkenswert genug: Vor fünf Jahren hat ein deutscher Kanzler dem Land einen Dienst erwiesen und seine Partei ruiniert. Inwieweit die "Agenda 2010" dazu beigetragen hat, dass Deutschland heute besser dasteht als vor fünf Jahren, ist eine Frage, über die sich Wirtschaftsgelehrte gerne den Kopf zerbrechen dürfen. Gewiss ist, dass die Anpassung des deutschen Sozialstaates an die veränderten Bedingungen von Globalisierung und demografischem Wandel unvermeidlich und längst überfällig war. Da hat damals der Kanzler Schröder mehr Mut bewiesen als der Kanzler Schröder zuvor, als der Kanzler Kohl, und als heute die Kanzlerin Merkel. Seine Partei hat er damit auf unabsehbare Dauer gespalten. Die zwei Lager, die einander in der SPD gegenüberstehen, scheiden sich an der symbolischen Frage, ob man als Sozialdemokrat auf die Agenda stolz sein darf oder nicht. In ihrer Mehrheit hat sich die von Mitgliederschwund und der linken Konkurrenz verunsicherte SPD von der Agenda abgekehrt. Der Vorsitzende Beck ist ihr auf diesem Weg gefolgt. Nicht zuletzt haben die Bürger vor fünf Jahren endgültig zur Kenntnis nehmen müssen, dass sie gegen Lebensrisiken in diesem Land nicht mehr in dem Maße abgesichert sein können, wie sie dies gewohnt waren. Und "Hartz IV" bedeutet, dass die Mittelschichten gelernt haben, sich vor dem Absturz zu fürchten. Fünf Jahre Agenda - ein Rückblick mit gemischten Gefühlen.
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