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Südwest Presse: Kommentar zum Thema Renten

Geschrieben am 14-03-2008

Ulm (ots) - Gleich vorneweg: Den Rentnern sei jede Erhöhung ihrer
Bezüge gegönnt. Nicht nur, weil sie in den zurückliegenden Jahren
mehrere Nullrunden hinzunehmen hatten, sondern auch, weil die
Lebenshaltungskosten im Galopp davon eilen und unterm Strich immer
weniger fürs Auskommen mit dem Rentner-Einkommen bleibt. Wer keine
Zusatzeinkünfte hat, wer nicht auf eine Betriebsrente zurückgreifen
kann, wer Miete bezahlen muss und nicht im eigenen Häuschen wohnt,
der hat seine Ansprüche - so bescheiden sie auch schon gewesen sein
mögen - weiter zurückschrauben müssen. Keine angenehme Lage für
jemanden, der 30 oder 40 Jahre hart gearbeitet hat und jetzt mit
ansehen muss, dass gerade an ihm gespart wird.
Aber, und das ist die bittere Wahrheit, es muss gespart werden - auch
in Zukunft. Der Staat hat das unter dem Druck vieler Berechnungen und
alarmierender Ergebnisse erkannt und er hat fast in letzter Minute
eine Rentenformel eingeführt, die zwar nur noch die Spezialisten
durchschauen, die aber zu den bekannten Ergebnissen, den Null- und
Wenigrunden, führt.
Weil nun aber die Wahlkampfzeit naht, weil die große Koalition in
Berlin erkennt, welche Wählermacht sich hinter verärgerten Rentnern
verbirgt, gilt plötzlich nicht mehr, was noch vor kurzem als zwingend
notwendig erkannt wurde. Das ist schlimm, aber so ist eben Politik.
Viel schlimmer ist, dass der zuständige Arbeits- und Sozialminister
im Einverständnis mit seiner Kanzlerin willkürlich in diesen selbst
gewählten und gut begründeten Mechanismus eingreift, und damit die
Tür zu künftigen Manipulationen im System weit aufstößt.
Die Botschaft, die mit diesem Eingriff vermittelt wird, ist
eindeutig: Wer murrt, bekommt ein bisschen mehr, und je größer die
Zahl der Murrenden ist, desto mehr gibt es. Das sagt viel über
politisches Handeln und dessen Logik aus, und das lässt nichts Gutes
für die Zukunft ahnen. Denn die Zahl der Kritiker wird in den
kommenden Jahren noch größer werden. Die Bevölkerung wird immer
älter, die Zahl der Rentner immer größer und die der Beitragszahler,
die deren Renten zu finanzieren haben, immer weniger. Konflikte sind
programmiert. Sie fallen umso intensiver aus, je häufiger die
Rentenkasse für Wahlgeschenke angezapft wird. Dafür, dass sie
häufiger in Anspruch genommen wird, bereitet die Bundesregierung mit
ihrem Kunstgriff den Boden.
Nochmals: Der Wunsch der Rentner nach einer finanziell besseren
Ausstattung ist nachvollziehbar. Aber können nicht auch viele
Arbeitnehmer solche Forderungen erheben? Der Blick auf die sich immer
schneller drehende Preisspirale und auf die sich nicht schnell genug
vorwärts bewegende Lohnentwicklung belegt, dass sich hier das nächste
Problem aufbaut. Wenn die Kaufkraft immer mehr sinkt, wird die
Stärkung der privaten Inlandsnachfrage, auf die viele
Wirtschaftsexperten zum Ausgleich für die nachlassende
Exportkonjunktur setzen, ausbleiben müssen.
Auch hier könnte der Staat eingreifen, aber wesentlicher
unschädlicher als bei den Renten. Denn er bräuchte nicht in den Topf
anderer zu langen, sondern könnte seine eigenen Quellen anzapfen: die
Steuern beispielsweise. Viele der heutigen preistreibenden Probleme
hat er zumindest teilweise mitverursacht. Frisch im Gedächtnis ist
etwa noch die Mehrwertsteuererhöhung zu Beginn des vergangenen
Jahres.
Und er könnte der Gemeinschaft der Beitragszahler in der
Arbeitslosenversicherung noch einmal einen Teil ihrer Beiträge
ersparen - zumindest solange, wie die Kasse gefüllt ist, um die
Ausgaben begleichen zu können. Am sinnvollsten aber wäre eine
verlässliche Politik: Eine, die auf willkürliche Eingriffe
verzichtet, nur um sich möglichen Ärger zu ersparen.

Originaltext: Südwest Presse
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/59110
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_59110.rss2

Pressekontakt:
Südwest Presse
Lothar Tolks
Telefon: 0731/156218


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