Weser-Kurier: Der "Weser-Kurier" (Bremen) kommentiert in seiner Ausgabe vom 11. April 2008 die Drohungen von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück gegen Kabinettskollegen:
Geschrieben am 10-04-2008 |
Bremen (ots) - Pitbull Peer von Joerg Helge Wagner Darf der das? Darf Bundesfinanzminister Peer Steinbrück seinen Kabinettskollegen aus den Ressorts Wirtschaft, Bildung, Verkehr und Entwicklungshilfe damit drohen, gar nicht mehr über ihre Etat-Anforderungen zu verhandeln? Darf er ihnen einfach Budgets zuweisen, mit denen sie auszukommen haben? Nö, er darf nicht, meint Oskar Lafontaine, denn das Haushaltsrecht liege ausschließlich beim Parlament. Dabei hat der heutige Ober-Linke doch als ein Vorgänger von Steinbrück die Erfahrung machen müssen, dass die reine Lehre eben nicht immer die ganze Wirklichkeit ist. Die sieht so aus, dass der Finanzminister zwar das Geld verteilt, dafür aber immer den Segen des Chefs oder der Chefin braucht - was lange vor dem Segen des Parlaments kommt und deshalb viel wichtiger ist. Erst recht, wenn Chef oder Chefin nicht nur dem Kabinett, sondern auch der stärksten Regierungspartei vorstehen - wie Angela Merkel. Die bellt beim Thema Haushalt zwar nicht "Es reicht!" (italienisch: Basta!), aber sie lässt eindeutige Briefe schreiben. Und wenn die einfach ignoriert werden, wird eben Pitbull Peer von der Leine gelassen. Der soll nicht wirklich beißen, aber Respekt verschaffen vor dem letzten realistischen Großziel der Großen Koalition: 2011 einen Haushalt ohne neue (!) Schulden vorzulegen. Nun weiß niemand, ob es dann die Große Koalition überhaupt noch gibt. Andererseits: So ausgeprägt ist die Sehnsucht nach Jamaika oder grünen und dunkelroten Kabinettskollegen bei Union und SPD auch nicht. Also zweifelt auch niemand ernsthaft an der ausgegebenen Haushaltsparole "Konsolidieren und beschäftigungsfördernd investieren". Das entscheidende Wort ist "beschäftigungsfördernd". Bildung? Auf jeden Fall, erst recht in einer post-industriellen Wissensgesellschaft. Wirtschaft? Na klar, vor allem, wenn konkurrenzfähige Spitzentechnologie gefördert wird. Verkehr? Sicher, aber hier sind Extrawünsche auch besonders teuer. Entwicklungshilfe? Schon, aber eher in der Dritten Welt als hier. Entsprechend wird man die Interessen Steinbrücks und die seiner Kolleg(inn)en wägen.
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