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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Wettlauf zum Nordpol

Geschrieben am 29-05-2008

Bielefeld (ots) - Unter dem ewigen Eis am Nordpol liegen
Milliardenwerte verborgen. Gas und Öl, Gold und Silber, vielleicht
noch Kupfer und weitere Edelmetalle. Na und?, könnte man sagen - die
aufwändige und teure Förderung dieser Bodenschätze kann sich doch nur
schwerlich lohnen. Aber diese Sichtweise lässt den Klimawandel außer
acht, denn die Eiszeit am Nordpol ist dadurch wohl eben gerade nicht
ewig. Schon 2030 könnte der Nordpol sommers eisfrei sein, vermuten
Wissenschaftler, die die Auswirkungen durch die weltweite Erwärmung
hochgerechnet haben. Das ist der Hintergrund der ungewöhnlichen
Goldgräberstimmung, die derzeit rund um den Nordpol herrscht.
Als Problem kommt hinzu, dass der Nordpol als »gemeinsames Erbe der
Menschheit« bislang viele Besitzer hat - oder eben keinen. Und
herrenlose Milliardenwerte sind in der Menschheitsgeschichte bislang
noch immer vereinnahmt worden. In Dänemark, Norwegen, Russland,
Kanada und den USA berechnen sie schon die Länge der notwendigen
Pipelines und das Fassungsvermögen ihrer Frachtschiffe.
Dass sich diese Anrainer nun auf Grönland darauf geeinigt haben, auf
Wildwestmethoden wie Fahne in den Boden rammen und Wachposten
aufstellen zu verzichten, ist als zivilisatorische Errungenschaft zu
begrüßen. Aber kann man diesen Lippenbekenntnissen wirklich trauen?
Ist die Aussicht auf womöglich ein Viertel der Bodenschätze, die
unsere Erde überhaupt noch bereit hält, nicht zu verlockend, als dass
man unter Achtung des Völkerrechts zu einer Verteilung kommt? Skepsis
scheint hier mehr als berechtigt.
Doch selbst wenn die Claims schiedlich friedlich am Verhandlungstisch
abgesteckt werden sollte, besteht die Vermutung, dass eine ganz
bestimmte Fahne dabei keine Verwendung findet. Die des Umweltschutzes
nämlich. Klar ist natürlich, dass das Reich des weißen Bären als
riesiges Naturreservat für kommende Generationen eine
Traumvorstellung bleiben wird. Deshalb ist aber um so wichtiger, dass
die Öltanker nicht unkontrolliert durch das Nordmeer schippern dürfen
und das Erz nicht ohne Rücksicht auf Verluste mit der Chemiekeule aus
dem Boden geätzt werden darf. Das sollte ein Anliegen der ganzen
Weltgemeinschaft sein - unabhängig davon, ob der eigene Staat an die
Nordpolregion grenzt. Um das Recht, die Beseitigung der Folgen
arktischer Umweltverschmutzung bezahlen zu dürfen, wird es nämlich
bestimmt keinen Wettlauf geben.
Egal sein sollte uns der wohl nur kurz auf Eis gelegte Streit im
hohen Norden also keineswegs. Ebenso wenig gibt es aber Anlass, den
Ausbeuterwillen der Anrainer zu verurteilen. Von den Rohstoffen, die
dort zu Tage kommen, werden nämlich auch wir profitieren. So lange
unser tägliches Leben nicht ohne Öl und Gas auskommt, gibt es keine
Alternative zur weiteren Suche nach Energievorräten - auch am
schmilzenden Pol.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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