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LVZ: Leipziger Volkszeitung zur Bahn-Teilprivatisierung

Geschrieben am 30-05-2008

Leipzig (ots) - Nach jahrelangem Gezerre hat sich die Koalition
endlich auf die Teilprivatisierung der Deutschen Bahn geeinigt. Was
aber nach fünfjähriger Diskussion dabei herausgekommen ist, stellt
keine Weichen für die Zukunft. Das Ergebnis ist eine halbgare Nummer,
bei der die Bahn staatlich, aber auch ein bisschen privat bleibt. Ein
bisschen Marktwirtschaft eben à la große Koalition.
Für jeden Laien ist es aber ohne Verständnisprobleme einsichtig, dass
ein bisschen Marktwirtschaft nicht geht. Man kann nicht Aktien
verkaufen, den Käufern aber gleichzeitig jede Mitbestimmung
verbieten. In der freien Wirtschaft wird man lange suchen müssen, um
einen Dummen zu finden, der sein Geld mal eben so zum Fenster
hinauswerfen kann.

Fakt ist, dass Bahnchef Mehdorn nicht aus karitativen Zwecken seit
Jahren für eine Privatisierung seiner Eisenbahn kämpft. Ziel des
Börsengangs ist es, mehr privates Kapital in die Kassen der Bahn zu
spülen. Das wird aber zum Großteil nicht von kleinen
Bahn-Angestellten oder von Onkel Otto von Nebenan kommen. Die dicken
Brocken an der Privatisierungstochter DB Mobility Logistics sollen
vor allem an strategische Anleger wie Fonds oder Banken abgegeben
werden. Eine breit gestreute Ausgabe von Volksaktien, die die SPD bei
ihrem Hambur-ger Parteitag verlangt hatte, sieht anders aus.
Wer sich wie die Sozialdemokraten auf eine Privatisierung einlässt,
muss damit rechnen, dass der Einfluss privater Geldgeber nicht
dauerhaft begrenzt werden kann - wenn überhaupt. Die Union hat dem
Kompromiss ohnehin nur zugestimmt, weil sie stillschweigend damit
rechnet, dass spätestens nach der nächsten Bundestagwahl sowieso mehr
Prozent der Anteile an private Anleger verkauft werden können.

Der wahre Gewinner heißt damit Hartmut Mehdorn, der nun seinem
Ziel eines internationalen Logistik-Konzerns ein Stück näher kommt.
Er will das neue Eigenkapital unter anderem dazu nutzen, strategische
Schlüsselpositionen im europäischen Markt zu besetzen und neben
Investitionen im Heimatmarkt auch kleinere Logistikunternehmen in
europäischen Nachbarländern aufzukaufen. Das soll Lücken in den
Transportketten schließen und den Konzern auf die neuen
Wettbewerbsbedingungen vorbereiten. Denn im Kern geht es für die
Bahn-Manager darum, wer in den nächsten Jahren und Jahrzehnten
Transportaufträge oder Reiseverbindungen in einem schrankenlosen
Europa reibungslos, schnell und günstig anbieten kann.

Die Wettbewerbsfähigkeit als treibende Kraft des Börsengangs ist
allerdings Gift für die Bedürfnisse der Bürger, die abseits der
besser ausgelasteten Metropolverbindungen wohnen. Es widerspricht
schlicht der Natur eines gewinnorientierten Konzerns, Rücksicht auf
das Allgemeinwohl zu nehmen. Mit Nebenstrecken und Personentransport
lässt sich kein Geld verdienen. Ein bisschen Marktwirtschaft geht
eben nur in der Politik.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6351
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Pressekontakt:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/2181 1558


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