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Börsen-Zeitung: Die Bärenmarktrally, Marktkommentar von Dieter Kuckelkorn

Geschrieben am 25-07-2008

Frankfurt (ots) - Verkehrte Welt? Das konjunkturelle Umfeld trübt
sich diesseits und jenseits des Atlantiks spürbar ein. Im
Zusammenhang mit dem aktuellen Ifo-Geschäftsklimaindex, der unter
allen Erwartungen hereinkam, ist erstmals auch in der Eurozone von
einigen Ökonomen die Angst vor einer Rezession geäußert worden.
Trotzdem hat der Dax in den vergangenen zwei Wochen ziemlich gut
ausgesehen. Von rund 6000 Punkten ausgehend erklomm er in der gerade
beendeten Börsenwoche ein Niveau jenseits der 6550 Punkte, das er
allerdings nicht verteidigen konnte. Nimmt man den Tiefst- und den
Höchststand als Maßstab, so war eine Erholung um fast 10% zu
beobachten.

Rosarote Brille

Dabei haben die Investoren auf fast alles, was sich irgendwie
positiv interpretieren ließ, mit Käufen reagiert. Es reichte
beispielsweise schon aus, dass die horrenden Verluste der
krisengeschüttelten US-Banken etwas niedriger ausfielen als gemäß der
Konsensschätzung der Analysten erwartet. Und nimmt man die laufende
amerikanische Berichtssaison als Maßstab, so haben nach Berechnungen
von US-Analysten von etwa 200 Unternehmen aus dem S&P500 immerhin
rund 150 die Erwartungen der Analysten erfüllt oder übertroffen.
Diese Prognosen waren allerdings in den meisten Fällen so weit nach
unten korrigiert worden, dass die ausgewiesenen Zahlen eigentlich
niemanden erfreuen dürften.

Eine solche Entwicklung am Aktienmarkt kann nicht als nachhaltig
angesehen werden. Was sich in der gerade beendeten Handelswoche
beobachten ließ und was sich vielleicht noch eine kurze Zeit
fortsetzt, ist nichts anderes als eine Bärenmarktrally. Darunter
versteht man eine kurze, teilweise heftige, keinesfalls aber
dauerhafte Erholung in einem Marktumfeld, das durch einen länger
anhaltenden Abschwung gekennzeichnet ist. Auch wenn der Dax die
gerade beendete Handelswoche lediglich mit einem kleinen Plus von
0,9% beendet hat, sollte daraus nicht geschlossen werden, dass der
Wendepunkt bereits erreicht ist und dass es von nun an wieder
aufwärts geht.

In eine derartige Bullenfalle waren viele Analysten bereits im
Frühjahr getappt. Sie hatten sich von einer Phase, in der negative
Nachrichten aus dem Bankensektor weitgehend ausblieben, dazu
verleiten lassen, das Ende der Krise zu verkünden. Dies hat sich
freilich als Trugschluss erwiesen, im Frühsommer hatte die Krise dann
bekanntlich einen neuen Höhepunkt erreicht.

Auch aktuell sieht bei einer nüchternen Betrachtung alles danach
aus, als dass den Märkten Finanzkrise und Baisse noch für eine ganze
Weile erhalten bleiben. Dafür spricht beispielsweise, dass viele
Unternehmen und Branchen ihre Ausblicke derzeit spürbar zurücknehmen
- am deutlichsten war dies in den vergangenen Tagen in der
Automobilindustrie zu beobachten. Die Krise hat die Realwirtschaft
erreicht, es sieht nach einer Verschärfung der konjunkturellen Lage
aus.

Zudem dürfte nun ein wichtiger Faktor wegfallen, der den Märkten
in den vergangenen zwei Wochen Auftrieb gab. Der Ölpreis ist in
dieser Zeit um rund 20 Dollar je Barrel abgestürzt. Momentan hat er
sich zwischen 125 und 130 Dollar eingependelt, wo er nach Meinung von
Analysten vorerst bleiben dürfte. Ein weiterer Rückgang ist
jedenfalls unwahrscheinlich, weil in den USA die Hurrikan-Saison
beginnt und sich die spekulativen Investoren in größerem Umfang vom
Ölmarkt zurückgezogen haben.

Eintrübung der Ertragslage

Und was die US-Quartalsergebnisse betrifft, so ist zu
berücksichtigen, dass sich die Unternehmen in einem Umfeld recht
drastischer Zinssenkungen durch die Federal Reserve und
Steuerrückzahlungen an die Konsumenten durch die US-Regierung
befanden. Auch die Wirkung dieser beiden marktstützenden Faktoren
wird aber in Kürze auslaufen. Damit ist von einer weiteren deutlichen
Verschlechterung der Ertragslage der Unternehmen auszugehen.

Investoren ist insofern anzuraten, weiterhin Vorsicht walten zu
lassen und bei Aktienkäufen äußerst selektiv vorzugehen. Für einen
breiten Wiedereinstieg in den Markt ist es noch viel zu früh - dazu
müsste es im Markt erst noch zu einer echten Ausverkaufsstimmung
kommen, von der aber noch nichts zu spüren ist.

Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2

Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0


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