Westfalenpost: Selbstzerfleischung
Geschrieben am 03-08-2008 |
Hagen (ots) - Akte Clement zeigt SPD-Zerrissenheit Von Jörg Bartmann In der SPD ist alles in Bewegung. Der juristisch-formale Clement-Akt hat nach oben gespült, wie es um die Partei bestellt ist. Die Sozialdemokraten sind zerrissen, verlieren den Kontakt zur politischen Mitte. Die einen wollen abrechnen mit dem Agenda-2010-Flügel, die anderen eine pragmatische Politik forcieren, die ihnen die erhoffte Mehrheit beschert. Auf dem Weg dieser Selbstzerfleischung spielt Schröder keine Rolle mehr, ist Müntefering isoliert - da kommt Clement gerade recht. In diesem Richtungskampf offenbart sich Beck als Parteichef, der Strömungen sortiert, sie eilfertig zu Mehrheiten berechnet. Führung sieht anders aus. Da ist Andrea Nahles aus einem anderen Holz geschnitzt. Die Vorzeigelinke mit der flinken Zunge hat den Ruf als Königsmörderin von Müntefering überlebt und gelernt, dass es nicht immer gut ist, im Mittelpunkt zu stehen. Maßgeblich strickt sie daran, die Achse der Sozialdemokraten nach links zu schieben, wo sich die Linken aufplustern. Im Gegensatz zu den Technokraten Steinmeier und Steinbrück verfügt sie über den gewünschten Stallgeruch und Basis-Sympathien. Das kann für Steinmeier auf der Zielgeraden noch zur bösen Falle werden, auch wenn er sich noch als erster Kanzlerkandidat sieht. Im Hintergrund lauert die machtbessene hessische SPD-Chefin, die nach den Landtagswahlen eiskalt ihr Wort gebrochen hat - mit Segen Kurt Becks. Andrea Ypsilanti möchte im Herbst einen zweiten Anlauf wagen: Eine rot-grüne Minderheitsregierung mit Tolerierung der Linkspartei. Da wird sich zeigen, wie die SPD-Spitze damit umgeht: Die Akte Clement ist dagegen nur Kinderkram.
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