Westdeutsche Zeitung: SPD-Chef Beck lässt Andrea Ypsilanti freie Hand für ein Linksbündnis = Von Christoph Lumme
Geschrieben am 11-08-2008 |
Düsseldorf (ots) - Man könne nicht zweimal mit dem gleichen Kopf gegen die gleiche Tür rennen, hatte Kurt Beck im Frühjahr nach dem Abstimmungs-Debakel in Hessen erklärt. Kann er offenbar doch: Denn der SPD-Vorsitzende gibt sein Unterfangen auf, Andrea Ypsilanti umzustimmen, nachdem er sie zuvor regelrecht angefleht hatte, die Sozialdemokratie zu verschonen. Nun hat die hessische Landesvorsitzende freie Hand für einen erneuten Versuch, sich auf ein Abenteuer mit der Linken einzulassen, was für die ohnehin trudelnde SPD ein verheerendes Signal ist. Nicht nur, dass Beck durch sein Nachgeben signalisiert, wie sehr die Autorität des Parteichefs in Sachen rot-roter Landesliebschaften gegen null tendiert. Becks Schlingerkurs in Hessen zeigt vor allem auch: Die Sozialdemokraten haben den Erfolgen von Gysi und Lafontaine in den alten Bundesländern nichts als konzeptionelles Chaos entgegenzusetzen. Wo steht Kurt Beck? Was würde ein Linksbündnis in Hessen und möglicherweise ein weiteres im Saarland für das Wahlprogramm 2009 bedeuten? Dem Parteichef mag es mulmig werden angesichts der Perspektiven. Sollte Andrea Ypsilanti im Herbst mit ihrem zweiten Versuch scheitern, sich mit den Stimmen der Linken zur Ministerpräsidentin wählen zu lassen, würde der Kernspaltungsprozess der zerrissenen SPD eine unkontrollierbare Dynamik entfalten. Zunächst wäre dann der ramponierte Kurt Beck fällig: Seit Ypsilanti mit seinem Segen jenen Wortbruch beging, der die SPD in eine tiefe Krise stürzte, sind beide Namen fest miteinander verschweißt. Scheitert die Landeschefin, ist auch der Parteivorsitzende sein Amt los. Lässt sich Ypsilanti aber mit den Stimmen der Linken zur Ministerpräsidentin krönen, wird die gesellschaftliche Mitte das hessische Bündnis als Beweis dafür heranziehen, dass das politische Zentrum der Sozialdemokratie kollabiert ist. Das Debakel im Bundestagswahlkampf wäre programmiert. Will die SPD regierungsfähig sein, muss sie linkes Lebensgefühl und Verantwortung für eine Gesellschaft in der globalisierten Welt in Einklang bringen. Kurt Beck will das einfach nicht gelingen und rennt stattdessen zum zweiten Mal mit dem Kopf gegen die gleiche Tür.
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