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LVZ: Leipziger Volkszeitung zu SPD

Geschrieben am 07-09-2008

Leipzig (ots) - Großes Theater am Schwielowsee. In weniger als
einem Tag einen Vorsitzenden versenkt und einen neuen alten aus der
Versenkung geholt. Und gleich noch einen Kanzlerkandidaten aus der
Taufe gehoben. Das macht der SPD keine Partei so schnell nach. Gehört
dort aber seit dem Scharping-Sturz und dem Lafontaine-Abgang zur
Routine.
Am Ende wurde der glück- und konzeptlose Kurt Beck auf offener Bühne
von den eigenen Genossen gedemütigt. Nicht einmal den Zeitpunkt
durfte er bestimmen, an dem er zugunsten von Außenminister Steinmeier
auf die Kanzlerkandidatur verzichten musste. Derart demontiert, blieb
ihm nur die Rest-Würde durch Rücktritt. Beck hinterlässt eine Partei,
die tief in Linke und Moderate gespalten ist. Sein Erbe ist ein
parteipolitischer Trümmerhaufen, den er nicht allein zu verantworten
hat. Noch immer deliriert die deutsche Sozialdemokratie mit dem
Phantomschmerz, den der historische Bruch zwischen Schröder und
Lafontaine hinterlassen hat, der Bruch zwischen Reform-Versuch und
schönen Umverteilungsphantasien.
Müntefering und Steinmeier, ein unruhiger Rentner und eine beliebte,
aber blasse Schröder-Kopie, wollen den Erosionsprozess der SPD nun im
Tandem aufhalten. Müntefering soll Lafontaine und die Linke in Schach
halten und die Parteiseele streicheln. Steinmeier soll der bisher
unangefochtenen CDU-Kanzlerin Merkel das Wasser abgraben.
Die sozialdemokratischen Paukenschläge verschaffen der Partei für
einige Zeit mediale Dauerpräsenz und ein wenig Luft und Erleichterung
im bayrischen Landtagswahlkampf. Ob Müntefering und Steinmeier das
Ruder herumreißen können, ist so offen wie die strategische Flanke
der SPD. Wie wollen sie die Kanzlerschaft zurückerobern, ohne mit den
Linken zu paktieren? Schaffte es Ypsilanti mit Hilfe der Linken in
Hessen zur Ministerpräsidentin, wäre das ein herber Rückschlag für
den Hartz-IV-Baumeister Steinmeier.
Zwischen Steinmeier und Merkel beginnt jetzt ein Dauerwahlkampf.
Innenpolitisch ist Stillstand mit Hauen und Stechen angesagt.
Außenpolitisch droht mit Blick auf Russland oder die Menschenrechte
eine gespaltene Regierung. Taktisch war das Abservieren von Beck und
besonders Steinmeiers Kandidatenkrönung eine mediale und politische
Meisterleistung. Strategisch kommt der Putsch gegen den ungeliebten
Vorsitzenden aber viel zu früh. Neuwahlen wären jetzt das Richtige
für Deutschland, doch dazu wird es nicht kommen.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
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Pressekontakt:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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