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Neues Deutschland: Krise in der SPD

Geschrieben am 08-09-2008

Berlin (ots) - Auch wenn der Ellbogen jetzt wieder in ein Gerät
zum Unterhaken umfunktioniert wird: Nichts wird mit dem neuesten
Personalwechsel an der SPD-Parteispitze einfacher. Die
Demonstrationen der Geschlossenheit sind pure Heuchelei, und allein
die Vorstellung, wie Andrea Nahles sich bei Franz Müntefering
unterhakt, für dessen Rücktritt sie 2005 (ungewollt) sorgte, bietet
ein Bild des Mitleids. Für beide Beteiligte.

»Führungskrise« und »SPD« bilden ein geschlossenes verbales
System, schon beinahe tautologisch. Gern wird die Führungskrise der
SPD sogar mühselig ausfindig gemacht, um mit ihr das traurige Bild
der Partei, ihre Zerrissenheit und Verzagtheit erklären zu können.
Doch eigentlich ist es genau umgekehrt. Die Führungskrise der SPD ist
zuerst eine Krise der Partei und erst in zweiter Linie eine Krise
ihrer Führungsfiguren.

Die einst stolze Sozialdemokratie bietet ein klägliches Zerrbild
ihrer selbst. Nicht, weil sie in fünf Jahren fünf Vorsitzende
verschlissen hat. Nicht, weil sie ohne Intrigen keinen
Führungswechsel mehr hinbekommt. Nicht, weil ihre Produktion
charismatischer Persönlichkeiten hinter dem Bedarf der Wähler und der
Medien sowieso hinterherhinkt. Sondern die SPD ist samt ihrer Führung
Rudersklave auf jener Galeere, auf die sie sich selbst verbannt hat,
als Gerhard Schröder Steuermann war und behauptete, man könne mit so
einem Gefährt auch tauchen.

Seit klar ist, dass er damit recht hatte, wie das Absaufen in den
Umfragen zeigt, herrscht Panik an Bord. Wer möchte da Steuermann
sein! Zumal vom Kurs der Partei mittlerweile ihr Überleben abzuhängen
droht. Mitläufertum ist der SPD so eigen wie anderen Parteien. Aber
mit der Agenda-Politik seit 2004 ist der Grundkonsens der Partei
verlassen worden - Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Damit
konnten sich viele Sozialdemokraten nicht aussöhnen, können es bis
heute nicht.

Freilich: Der Typ Müntefering kommt besser als der Typ Beck.
Trotzdem ist das Bedauern der Parteilinken jetzt ungeachtet aller
Bekenntnisse zur Geschlossenheit unüberhörbar. Beck hat sich über die
Flügel gestellt, zu integrieren versucht, obwohl er den Steinmeiers
und Steinbrücks durchaus nahe stand - jedenfalls bis zum Wochenende.
Das hatte zum Beispiel zur Folge, dass das in Hamburg verabschiedete
Grundsatzprogramm weniger neoliberal ausfällt, als es eigentlich
gedacht war.

Mit Müntefering und Steinmeier droht wieder ein Kurs hart am Wind.
Claudia Roth sieht mit dem Führungswechsel gar eine neue Ära von
Rot-Grün heraufziehen - eine verheerende Beziehung für Millionen
Menschen, wie sich gezeigt hat. Und wieder wird in erster Linie die
Seele der SPD beschworen. Die SPD liebt den Satz »Die Stimmung ist
gut« so wie das Wort vom »Unterhaken«. In einer Mail ans ND beklagt
ein SPD-Ortsvorsitzender: Steinmeier sei ein »Diplomat, der die
Partei so gut kennt wie wir das Auswärtige Amt«. Doch nicht immer
hilft eine Extraration Rum, damit die Stimmung steigt. Irgendjemand
müsste es der SPD mal sagen: Leute, ihr seid auf dem falschen
Dampfer!

Originaltext: Neues Deutschland
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/59019
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Pressekontakt:
Neues Deutschland
Redaktion

Telefon: 030/29 78 17 22


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