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Allgemeine Zeitung Mainz: Krise als Chance begreifen (Kommentar zu US-Bankenkrise)

Geschrieben am 15-09-2008

Mainz (ots) - "Wir sollten nicht versuchen, jedes einzelne
Institut zu schützen", kommentiert Amerikas Finanzguru Alan Greenspan
cool den neuen Höhepunkt der Finanzmarktkrise in den USA. Was so
lapidar klingt, zeigt indes genau den Weg, den die weltgrößte
Volkswirtschaft noch vor sich hat. Es wird eine brutale Bereinigung
am Markt geben, am Ende werden einige wenige gestärkt daraus
hervorgehen, und zwar die, die sich eben nicht in dem ungeheuerlichen
Maß auf das Roulette am US-Immobilienmarkt eingelassen haben. Die
Nummer drei an der Wall Street im Investmentsektor, Merrrill Lynch,
hat es unter das schützende Dach der Bank of America geschafft,
Lehman Brothers nicht. Der Staat, der noch vor einer Woche bei zwei
anderen Finanzkonzernen die Regie übernommen hat, hat sich bei den
Wall Street-Hasardeuren ganz nach Greenspans Rat einfach weggedreht.
Droht dem Rest der Welt nun eine Finanzkatastrophe ungeahnten
Ausmaßes? Sicher nicht. Zehn große global agierende Banken, darunter
auch die Deutsche Bank, haben ein Liquiditätspaket geschnürt,
übernehmen damit konsequent Verantwortung. Notenbanken geben massiv
Liquidität in die Märkte. Gut so, denn das ist jetzt das wichtigste
überhaupt. Dem deutschen Bankkunden droht kaum Ungemach, seine
Einlagen sind über Sicherungsfonds geschützt. Alles also nicht so
schlimm? Leider doch, denn größte Marktwirtschaft der Welt steht an
einem Scheideweg, das freie Spiel der Kräfte funktioniert nicht mehr,
weil es schlicht nicht genug verbindliche Spielregeln gab und deshalb
jetzt die Gefahr droht, dass das System selbst in Frage gestellt
wird. Durch die faktische Sozialisierung der gigantischen Verluste
durch den Staat hat Washington bislang das Schlimmste verhütet, damit
aber auf Kosten der Steuerzahler gegen den Markt verstoßen. Das aber
darf auf Dauer nicht die Lösung sein. Amerikas Finanzsystem braucht
neue, knallharte Vorschriften, die künftig das verhüten, was am
US-Immobilienmarkt passiert ist, nämlich das ungestrafte
Außerkraftsetzen von Marktmechanismen des schnellen Profits wegen.
Die aktuelle Krise birgt also auch eine große Chance. Der neue
US-Präsident sollte sie deshalb so schnell wie möglich nutzen.

Originaltext: Allgemeine Zeitung Mainz
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/65597
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_65597.rss2

Pressekontakt:
Allgemeine Zeitung Mainz
Christin Wiens
Telefon: +49-(0)6131/48-5987
Fax: +49-(0)6131/48-5868
crossmedia@vrm.de


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