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WAZ: Finanzmarktkrise - Die Fratze des Monsters - Leitartikel von Thomas Wels

Geschrieben am 16-09-2008

Essen (ots) - Die Kommentarlage in den Wirtschaftsblättern am Tag
eins nach dem Abriss der Wall Street gibt beredt Auskunft über die
tiefe Verunsicherung, die diese Finanzkrise auslöst. War es ein
"heilsamer Schock" (Handelsblatt), dass die USA Lehman Brothers haben
abstürzen lassen? Oder war es ein "Sprung ins Dunkle", wie die
Financial Times Deutschland meint?

Klar ist, von den fünf größten Investmentbanken im Herzen des
Weltfinanzzentrums sind noch zwei übrig. Goldman Sachs und Morgan
Stanley sind noch da, Bear Stearn, Merrill Lynch und Lehman Brothers
nicht mehr. Wie weit die Ausläufer dieser Erschütterungen reichen,
das weiß heute kein Mensch. Um so erstaunlicher mutet die Debatte an,
die Finanzexperten über die Frage führen, ob die Hälfte des
US-Hypothekenmarktes hätte auf Kosten der amerikanischen
Steuerzahlers verstaatlicht werden dürfen oder nicht. Fünf Billionen
Dollar hatten Fannie Mae und Freddie Mac in den Büchern - zigtausende
Häuslebauer wären im Wahlkampf vor dem Weißen Haus aufmarschiert. Der
Sündenfall?

Natürlich. Eine Verstaatlichung heißt immer, die Risiken zu
sozialisieren, Risiken, die Manager-Millionarios eingegangen sind,
die der Staat im Nachhinein noch belohnt und somit geradezu zum
Weiterzocken aufruft. Und dennoch ist es so, als stünde man oben auf
einem Achttausender, das rettende Seil in der Hand, darunter die
Seilschaft im Blick. Loslassen, und hoffen, dass nicht allzu viele
Hinterherkommende mit in den Abgrund gerissen werden?

Die Finanzkrise ist dramatisch unübersichtlich, die Folgen für
die Weltwirtschaft nicht abschätzbar. Darüber lohnte sich eine
ordnungspolitische Debatte. Bundespräsident Horst Köhler, der nicht
gerade als Sozialist verschrien ist und im früheren Beruf Chef des
Weltwirtschaftsfonds IWF war, sprach von einem Kapitalmarktmonster.
Seit 1970 haben sich die Finanzvermögen weltweit auf 140 Billionen
Dollar verzwölffacht, die Produktion nur vervierfacht.

Mathematiker erfinden Finanzkonstrukte, die Banker nicht
verstehen. Die Krise ist eine ernste Vertrauenskrise, in der eine
Bank der anderen nicht mehr über den Weg traut. Kredit gibt's nicht
mehr, das Geld wird knapp, Zinsen steigen, Investitionen werden
teurer und bleiben aus, die Wirtschaft schrumpft, die
Arbeitslosigkeit steigt. Das ist das Mindeste, womit zu rechnen ist.
Hier ist zunächst das Krisenmanagement der Notenbanken gefragt. Dann
aber die Politik. Wenigstens muss es gelingen, das Monster einmal
sichtbar zu machen.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de


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