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Westdeutsche Zeitung: Die Krise des Baufinanzierers Hypo Real Estate - Wir zahlen, was immer es kostet = Von Eberhard Fehre

Geschrieben am 05-10-2008

Düsseldorf (ots) - Es ist eigentlich schon nicht mehr wichtig, ob
die Vorstände der Hypo Real Estate vor Wochenfrist Politik und
Großbanken bewusst über die tatsächliche Lage ihres Instituts
täuschten. Oder ob sie einfach selbst den Überblick über ihre irische
Tochter Depfa verloren hatten. Man mag den Zahlen ohnehin kaum noch
trauen: zuerst 35 Milliarden, dann 50 Milliarden, vielleicht aber
auch 100 Milliarden.

Die tatsächliche Höhe der Risiken ist ungewiss, gewiss ist nur
eines: Der Steuerzahler zahlt, was immer es kostet. Denn wie die
Dinge liegen, kommen wir nicht darum herum. Nicht, weil uns die Hypo
Real Estate besonders am Herzen läge, und auch nicht, weil die
Spekulation auf kurzfristige Zinsgewinne eines besonderen staatlichen
Schutzes bedürfte. Sondern deshalb, weil ein Zusammenbruch der
Münchner Hypothekenbank auch Kommunen, Sparkassen und
berufsständische Versorgungwerke gefährden würde. Oder, wie die
Kanzlerin gestern sagte, weil nicht zugelassen werden darf, dass die
"Schieflage" eines Instituts das gesamte Finanzsystem in "Schieflage"
bringt.

Nicht vergessen aber werden sollte bei all dem, dass diejenigen,
die heute so verzweifelt nach der staatlichen Intervention rufen, die
sie zuvor doch immer höhnisch als "Bevormundung" denunzierten, es
selbst waren, die die Depfa von Wiesbaden ins Steuerparadies Irland
brachten. Die 100-prozentige Hypo-Tochter wollte damit zum einen die
strengeren Auflagen in Deutschland umgehen. Und zum anderen bewusst
und ohne jede Scham ihre Gewinne dem deutschen Finanzamt
vorenthalten. Stattdessen versteuerte die Depfa ihre Gewinne zum
halben Steuersatz von 12,5 Prozent in Dublin. Und jetzt, als das
Spiel mit den Zinssätzen geplatzt ist, verlangen die gleichen
Vorstände, dass dafür der Steuerzahler einzustehen hat, dem sie ihre
Steuern, solange sie Gewinne machten, vorenthielten.

Wirtschaft ist keine moralische Veranstaltung. Deshalb werden wir
für dieses Versagen wohl haften müssen. Aber wir sollten uns an den
Vorgang erinnern, wenn z. B. bei Forderungen nach einem
menschenwürdigen Mindestlohn dieselben Vertreter plötzlich wieder von
"Bevormundung" oder "staatlicher Regulierungswut" fabulieren. Dann
hätten wir aus dieser Krise zumindest etwas gelernt.

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
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Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211 / 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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