Allg. Zeitung Mainz: Es hat gewirkt (Kommentar zur Finanzkrise)
Geschrieben am 06-10-2008 |
Mainz (ots) - Der Sturm auf die Bankschalter ist am Montag ausgeblieben, das ist die beste Nachricht des gestrigen Tages. Die Kanzlerin und ihr Finanzminister haben also das Richtige gemacht, indem sie alles auf eine Karte setzten, als sie am Wochenende den Menschen, so weitreichend wie noch kein Politiker vor ihnen, Verantwortung für die rund 1000 Milliarden Euro übernommen haben, die bei den Menschen hierzulande auf der hohe Kante liegen. Damit schufen sie grundlegend Vertrauen und sich so die Bewegungsfreiheit, die sie jetzt dringend brauchen, um das Übel dauerhaft an der Wurzel zu packen. Das sollten sie denn auch konsequent tun, selbst wenn es nicht einfach werden wird. Denn es verlangt, konsequent durchdacht, das Ende sehr vieler Freiheiten für das Finanzsystem, wie wir es bislang kannten. Es verlangt vor allem eine Kontrolle, die diesen Namen auch verdient. Und das ist der Kern des Problems, denn der Finanzmarkt ist ein globaler, was bedeutet, dass auf Dauer Auflagen und Vorschriften, die eine neuerliche Finanzkrise verhindern, nur dann wirksam sein können, wenn man sich auch jenseits der Grenzen, ja der Kontinente ihrer nicht entziehen kann. Ob das vor allem mit den USA verlässlich zu vereinbaren sein wird, wird sehr davon abhängen, wer demnächst im Weißen Haus der Chef sein wird. Unabhängig davon müssen sich die Europäer schleunigst zusammenfinden und einheitliche Positionen definieren. Solange Finanzaufsicht in Deutschland anders funktioniert als zum Beispiel in Irland, wird es immer wieder dazu kommen, dass Banker sich auf riskante Geschäfte einlassen, von denen sie wissen, dass sie zur Katastrophe führen können, so geschehen bei der Real Estate Tochter Depfa-Bank. Mit der Ablösung von Managern, wie von Steinbrück gefordert, ist es allein nicht getan. Ihnen müssen saftige Strafen und Schadenersatzforderungen drohen, die sie in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedrohen, anders wird es nicht funktionieren. Der Weg, den die Politik jetzt zu gehen hat, ist lang und steinig, aber sie kann ihn furchtloser denn je beschreiten, weil die Deutschen ihnen seit dem Wochenende deutlich mehr vertrauen als je zuvor.
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