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WAZ: Rettungsaktion - Hoffen auf den Fallschirm - Leitartikel von Thomas Wels

Geschrieben am 12-10-2008

Essen (ots) - Ganz gewiss wäre einer, der im Juli 2008 eine
weltweite Welle von Verstaatlichungen großer Bankhäuser vorhergesagt
hätte, zumindest eines schweren Hitzschlags bezichtigt worden. Heute,
in der Woche drei der eskalierenden Finanzkrise, hängen Regierungen
Schilder ans Schaufenster, auf denen steht: "Wir kaufen alles."

Das Versprechen, keine wichtige Bank pleitegehen zu lassen, ist
so dramatisch wie es klingt. Die internationale Gemeinschaft zeigt
sich wild entschlossen, die Pandemie in der Finanzbranche gemeinsam
zu bekämpfen. Das ist gut so und ein wesentlicher Unterschied zur
Bankenkrise 1931: Staaten und Notenbanken stehen Seit' an Seit',
wollen alles tun, um den Geldstrom nicht versiegen zu lassen.

Das war höchste Zeit. Europa und die USA haben sich in ihrem
Krisenmanagement nicht mit Ruhm bekleckert. Mal wurde die Hypo Real
Estate abgewickelt, dann fortgeführt; mal kritisiert die
Bundeskanzlerin Alleingänge von Staaten in Sachen Einlagensicherung,
um dann das größte aller Sicherheitsversprechen zu geben; mal fordert
Paris unabgestimmt ein europäisches Rettungspaket, was Berlin
zurückweist. Tohuwabohu vor einstürzenden Bankbauten. Da blieb keine
größere Kanone als die mögliche Verstaatlichung, um den Schrecken zu
vertreiben. Es bleibt zu hoffen, dass die gemeinsame Aktion den
Ausverkauf an den Börsen stoppt, die Banken sich und der Wirtschaft
wieder Kredit geben.

Und dann ist über die Folgen zu reden, die es hat, wenn
Apologeten des freien Marktes wie Deutsche-Bank-Chef Ackermann nach
dem Staat rufen. Peinlich ist das, und sicher darf man von
Bank-Managern mehr erwarten als das gemeinsam praktizierte Abtauchen.

Es ist viel aufzuarbeiten nach diesem Marktversagen, getrieben
durch Gier, fehlende Haftung und die Ansicht, man könne aus nichts
Gold machen. Klammheimliche Freude oder gar der Versuch, aus dem
vermeintlichen Scheitern einer neoliberalen Idee politische Süppchen
zu brauen, scheitern aber an der Geschichte. Es waren die Ordo-(oder
Neo-)Liberalen der Freiburger Schule, die mit dem "liberalen
Interventionismus" einen dritten Weg aufzeigten zwischen laissez
faire und Staatswirtschaft. Sie hatten (auch wegen der
Bankenkrise'31) Marktversagen immer im Blick. Der Markt braucht den
Staat, mal mehr, mal weniger. Wer dauerhaft mehr will, muss auch die
Frage beantworten, warum gerade der Staat, der als Banker bei
IKB/KfW/Landesbanken versagt hat, es jetzt richten soll.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de


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