Allgemeine Zeitung Mainz: Eine Zumutung - zur EU-Agrarreform
Geschrieben am 20-11-2008 |
Mainz (ots) - Vor einem Jahr erhitzte die Weinmarktreform die Gemüter auf dem Land, nun ist es der gestern entschiedene "Health Check", mit dem direkte EU-Beihilfen begrenzt und stattdessen der ländliche Raum gefördert werden soll. In beiden Fällen ist es längst nicht so schlimm gekommen, wie erwartet. Dass die Bauern trotzdem mit dem Ergebnis unzufrieden sind, ist nachvollziehbar. Letztlich wissen aber die Landwirte seit Jahren, dass die Zeit der direkten Subventionen zu Ende geht, der schrittweise Abbau auf Dauer unabänderlich ist und zunehmend der Weltmarkt zur allein bestimmenden Größe für das Einkommen wird. Mit gutem Recht verweisen Bauern und Winzer auf die ungleiche Bedingungen, die die Konkurrenz erschweren. Umwelt-, Natur- und Verbraucherschutzauflagen hierzulande sind nun einmal ungleich höher wie in Entwicklungs- und Schwellenländern, von Löhnen und sozialen Vorgaben einmal ganz abgesehen. EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel beeindruckt das aber erfahrungsgemäß kaum, sie geht konsequent ihren Weg. Ob der der richtige ist, darüber kann man sicher streiten. Einen Vorwurf kann die EU indes kaum widerlegen. Für Bauern und Winzer ist die Politik der Gemeinschaft schon deshalb eine Zumutung, weil sie für die Betroffenen völlig unberechenbar geworden ist. Das war bei den zurückliegenden Beschlüssen zu Zuckerrüben und zum Wein so und das ist es beim Health Check einmal mehr. Landwirte und Winzer sind Unternehmer, Landmaschinen teuer, Kellertechnik und andere landwirtschaftliche Erfordernisse ebenso. Wer aber kann investieren, wenn die Halbwertzeit der Vorgaben aus Brüssel ständig kürzer wird? Wer wird einen Hof übernehmen, wenn er nicht weiß, unter welchen Bedingungen er morgen arbeitet? Seit Jahren steht deshalb Verlässlichkeit auf dem Forderungskatalog der Landwirte an die EU ganz oben. Was statt dessen aus Brüssel kommt, ist eine schlichte Zumutung.
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