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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Bombay

Geschrieben am 02-12-2008

Bielefeld (ots) - Indien ist weit. Und das Gedächtnis der Menschen
kurz. Es wird nicht lange dauern, bis die Tragödie von Bombay in
Europa vergessen ist und die Delegationen wieder in die Finanz- und
Handelsmetropole reisen.
Immerhin trägt Bombay allein gut fünf Prozent zum
Bruttoinlandsprodukt und 40 Prozent zum Steueraufkommen des
Riesenlandes bei. Bombay ist Herz und Schlagader der indischen
Wirtschaft, sein Pulsieren ist unverzichtbar für die Wirtschaft. Aber
die Delegationen werden auf ein verunsichertes, auf ein
terrorisiertes Indien stoßen. Das Land wird sich von dem Schock nicht
so schnell erholen. Er wirkt nach und wird den Kulturkampf, der
dieses Land seit Jahren heimsucht, deutlich verschärfen. Man muss mit
offenen Ausbrüchen von Gewalt zwischen radikalen Hindu-Gruppen und
ebenso radikalen Muslimen rechnen. Auch die Christen, die seit
Monaten von extremistischen Hindus verfolgt werden, werden darunter
zu leiden haben.
Bombay wird nicht so schnell vergessen. Es könnte zum Auslöser eines
schwelenden Zivilisationskrieges werden, deren Clashs den
Subkontinent erschüttern.
Bombay ist nah. Zentren für Finanzen und Handel sind offenbar
bevorzugte Ziele islamistischer Terroristen. New York und London
haben es erlebt. Auch in Deutschland sind Anschläge nicht
ausgeschlossen. »Wir haben bisher einfach Glück gehabt«, sagte
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) wiederholt in diesem
Jahr. Besonders gefährdet dürfte Frankfurt sein. In Bombay waren
Terroristen britischer Herkunft beteiligt, hierzulande wurde die
Sauerland-Gruppe noch rechtzeitig enttarnt.
Aber wie viele andere Gruppen bereiten schon ihre Anschläge vor?
Natürlich ist der Unterschied in der Sicherheitsstruktur zwischen
Indien und Deutschland enorm.
Indien wird nun die lange diskutierten Sicherheitsgesetze
verabschieden. Der neue Innenminister Palaniappan Chidambaran will
auch eine neue Bundesbehörde zum Kampf gegen den Terror einrichten.
Das klingt vertraut für deutsche Ohren. Indien wird es tun, in
Deutschland haben die Bedenkenträger noch die Oberhand.
Bombay geht uns auch direkt an. Die außenpolitischen Folgen der
zehnfachen Terrorattacke könnten dazu führen, dass Pakistan Truppen
an die Grenze zu Kaschmir verlegt. Diese Truppen würden aus dem
Grenzgebiet zu Afghanistan abgezogen, der Freiraum für die Taliban
und andere Terrorgruppen würde größer, die Sicherheitslage für die
internationalen Truppen am Hindukusch mithin schlechter. Davon wären
auch die Deutschen betroffen. Washington versucht bereits zwischen
Delhi und Islamabad zu vermitteln, um die Spannungen zwischen den
beiden Atommächten zu dämpfen.
Nichts käme den Netzen des Terrors gelegener als ein Krieg um
Kaschmir. Er würde Pakistan destabilisieren und den extremistischen
Untergrund in diesem Land zur Explosion bringen, vielleicht sogar
übergreifen auf Afghanistan. Bombay ist uns näher als wir glauben.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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