Berliner Morgenpost: Das riskante Spiel des Berliner Senats
Geschrieben am 05-12-2008 |
Berlin (ots) - Es rappelt wieder zwischen SPD und Linkspartei in der Berliner Koalition. Die Linke lehnt den Kompromiss zur Erbschaftsteuer als ungerecht und unsozial ab. Deshalb hätte sich nach ihrer Lesart Berlin im Bundesrat enthalten sollen. Weil das nicht geschah, sieht Linken-Landeschef jetzt die Zusammenarbeit als gefährdet und das Vertrauensverhältnis in der Koalition als belastet an. Aber Klaus Wowereit wollte sich auf keinen Fall ein zweites Mal innerhalb eines halben Jahres von seinem Juniorpartner als lahme Ente vorführen lassen. Nach der peinlichen Schlappe bei der von den Linken erzwungenen Enthaltung Berlins zum EU-Vertrag musste sich der Sozialdemokrat diesmal in dieser bundespolitisch bedeutenden Frage durchsetzen, um seine Autorität zu beweisen. Nur wenn klar ist, wer Koch und wer Kellner ist, sind rot-rote Bündnisse einer skeptischen SPD als Regierungsoption vermittelbar. Anders als in der Europa-Frage kam es diesmal beim knappen Ausgang der Abstimmung auch auf das Berliner Votum an. Und ein Scheitern hätte direkte finanzielle Folgen für das Land gehabt. Das sieht auch Linken-Frontmann Harald Wolf. Bei linken Pragmatikern wie dem Wirtschaftssenator zieht das Argument, ohne den nun gebilligten Kompromiss gebe es ab 2009 gar keine Erbschaftsteuer mehr und allein dem Land Berlin gingen mehr als 200 Millionen Euro verloren. Aber Pragmatismus ist im Bundestagswahlkampf bei den Linken nicht gern gesehen. Die Fundamentalisten auf Bundes- und Landesebene machten Druck. Nachdem Wolf schon mit seiner Zustimmung zum Banken-Rettungspaket intern Kritik geerntet hatte, fügte er sich diesmal seiner Partei. Gleichwohl verzichtete Wowereits Stellvertreter darauf, den Konflikt eskalieren zu lassen und zog es vor, der Bundesratssitzung fernzubleiben. Berlins Stimmführerin, Justizsenatorin Gisela von der Aue, konnte unbedrängt vom linken Widerstand die Hand zum Ja Berlins heben. Kurz nach diesem halben Rückzug taten die Linken dann energisch ihre Empörung über Wowereits Vorgehen kund. Das müssen sie, schließlich will Landeschef Klaus Lederer heute von einem Landesparteitag wiedergewählt werden. Der Basis können Lederer, Wolf & Co nun Entrüstung über die bösen Sozialdemokraten vorspielen, obwohl sie noch nicht einmal den Koalitionsausschuss einberufen. Denn kaum jemand in der Linken wie in der SPD will das rot-rote Bündnis ernsthaft infrage stellen. Aber die Strategie des kontrollierten Streits zur gegenseitigen Profilierung birgt enorme Risiken. Die Zahl der offenen Rechnungen steigt. Niemand kann sicher sein, dass ein solcher Konflikt nicht irgendwann einmal aus dem Ruder läuft und die Koalition zerbricht. Der Bundestagswahlkampf und mögliche weitere Aktionen zur Konjunkturbelebung werden viel Stoff bieten, um SPD und Linke gegeneinander aufzubringen. Schlimm für Berlin ist, dass im rot-roten Reizklima notwendige Projekte wie die Schulreform, der Unternehmensservice oder die Offensive zum Klimaschutz verschleppt werden.
Originaltext: Berliner Morgenpost Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2
Pressekontakt: Berliner Morgenpost Telefon: 030/2591-73650 bmcvd@axelspringer.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
175121
weitere Artikel:
- Neue Westfälische: Vor der globalen Rezession Bielefeld (ots) - Mitverantwortlich sind wir alle mit unserem Lebensstil quer durch alle gesellschaftlichen Schichten. Die aktuelle Wirtschaftskrise wird ein tieferer Einschnitt sein, als ihn viele Experten vom 11. September 2001 behauptet haben. Vor allem die westlichen Industriegesellschaften müssen umdenken, sich mit weniger zufrieden geben. Originaltext: Neue Westfälische Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/65487 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_65487.rss2 Pressekontakt: Neue Westfälische mehr...
- Mitteldeutsche Zeitung: zu Konjunkturkrise und Politik Halle (ots) - Die Koalition beobachtet, wartet ab, will erst später reagieren. Einige wissen selbstherrlich von sich kundzutun, dass damit der Anschein der sicheren, Vertrauen fördernden Hand erweckt wird. Pustekuchen, das Gegenteil ist der Fall. Der Bürger sieht sich alleine, er weiß nicht, wie es weitergeht. Der Schreck ist da, und nicht erst seit heute. Würde man einen einzelnen Menschen, mit dem man alleine zu tun hat, so abfertigen, indem man ihn hinhält? Niemals. Er will eine Antwort jetzt und sofort. Das hat Symbolcharakter, hat mehr...
- Ostsee-Zeitung: Kommentar zu Merkels Krisenmanagement Rostock (ots) - Wenn Montag Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy, Großbritanniens Premier Gordon Brown und EU-Präsident Manuel Barroso über die kränkelnde Konjunktur beraten, ist Angela Merkel nicht dabei. Die Kanzlerin lässt sich zur gleichen Zeit für die familienfreundliche Atmosphäre in ihrem Umfeld ehren. Für die wachsende Schar der Merkel-Kritiker passen diese parallelen Ereignisse ins Bild. Während die Größen Europas Wege aus der Krise beraten, bleibt die deutsche Regierungschefin allein zu Haus: mutlos, ratlos, kraftlos. Und mehr...
- Ostsee-Zeitung: Kommentar zu Piratenattacken auf Kreuzfahrtschiffe Rostock (ots) - Als im Jahr 1985 im Mittelmeer palästinensische Terroristen das italienische Kreuzfahrtschiff "Achille Lauro" kaperten, wollten sie politische Ziele durchsetzen. Piraten, die heutzutage Kreuzfahrtschiffe im Golf von Aden attackieren, sind auf Raubzug. Gemeinsam ist dem Terrorakt und den Piratenangriffen das Zielobjekt: Kreuzfahrtschiffe mit hunderten Passagieren an Bord. Diese Schiffe eignen sich aus Sicht der Entführer besonders als Druckmittel, steht doch das Leben sehr vieler Menschen auf dem Spiel. Langwierige Verhandlungen mehr...
- LVZ: Leipziger Volkszeitung zur Bundesregierung Leipzig (ots) - Die tun ja doch einiges. Zwölf Milliarden Euro für Steuer- und Investitionsanreize; ein historisch niedriger Arbeitslosenversicherungsbeitrag; eine neue Erbschaftssteuer, über die sich Familienunternehmen freuen können; Rechtsanspruch auf Hauptschulabschluss, zum Nutzen der langzeitarbeitslos Abgehängten; Heizkostenzuschuss für Wohngeldempfänger;2,5 Milliarden Euro mehr für Familienleistungen - die noch ausstehende Finanz-Vermittlung zwischen Bund und Ländern ist nur noch eine Frage der Zeit. Weil der Bundesrat sich im Wesentlichen mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|