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WAZ: Selbsttötung im Fernsehen - Das Recht zu sterben. Leitartikel von Thomas Mader

Geschrieben am 11-12-2008

Essen (ots) - Eine begleitete Selbsttötung im Fernsehen - darf
man das zeigen? Und darf man so etwas tun? Diese Fragen stellen die
Medienwächter und Ärztevertreter allzu reflexartig. Natürlich darf
man nicht!, rufen sie. Und schimpfen auf den bösen Filmemacher wie
auf die Schweizer Sterbehilfe-Organisation Dignitas, die sich in der
Tat zuvor mit populistischen Aktionen angreifbar gemacht hat. Es ist
eine möglichst heftige Generalkritik mit dem Ziel, eine Debatte über
"das Recht zu sterben" zu unterbinden.

Dabei wäre es hilfreich, vor den Darf-Fragen die Warum-Fragen zu
stellen. Warum lässt sich ein Mensch beim Sterben filmen? Warum will
das einer filmen? Und warum wollen das vielleicht einige Leute sehen?

Das Anliegen von Craig Ewert, dem unheilbar kranken
ALS-Patienten, ist dabei am ehesten nachzuvollziehen. Er wollte nicht
länger leiden, er hat sein Leben selbstbestimmt gelebt, und so wollte
er auch sterben. Er empfand es als ungerecht und unethisch, dass die
Gesetze ihm dies verbieten wollten. Für diese Überzeugung hat er
seinen privatesten Moment gegeben.

Man darf annehmen, dass der Filmer John Zaritsky, immerhin
Oscar-gekrönt, das Thema ebenfalls aus ethischer Überzeugung und mit
politischer Zielrichtung aufgegriffen hat. Natürlich hat er den
Tabubruch kalkuliert. Voyeuristisch wird der Film dadurch noch nicht.
Denn es ist ja gerade sein Anliegen, den Tod zu enttabuisieren. Ihn
als normalen Bestandteil des Lebens zu begreifen. Die Debatte zu
ermöglichen. Aus dieser Warte ist der vielgescholtene Voyeurismus
einfach: Aufklärung.

In den Augen des Zuschauers wird das Schicksal Ewerts zur
Geschichte. Die mag einen aus Betroffenheit angehen oder abstoßen.
Sie mag emotional berühren oder ethisch erschrecken. Jedenfalls darf
man dem Zuschauer doch nicht den Verstand absprechen, das Gesehene
selbst zu beurteilen. Oder rechtzeitig abzuschalten.

Und nun: Darf man so etwas zeigen? Es laufen jeden Tag
barbarischere Bilder im Fernsehen: Spektakulär inszenierte Tode in
Spielfilmen, die zu Nachahmungen anregen könnten. Todesopfer in den
Nachrichten, die nicht gefragt werden konnten, bevor sie gefilmt
wurden. Craig Ewert immerhin hat sein Einverständnis gegeben - und
solange die Gesellschaft noch um eine Position zum Thema Sterbehilfe
ringt, gibt es ein Interesse auch an Erfahrungsberichten.

Schließlich: Ob man so etwas tun darf? Das muss jeder mit sich
selbst ausmachen.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de


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