Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Konjunkturpaket II
Geschrieben am 13-01-2009 |
Bielefeld (ots) - Wer den Auftritt von Bundeskanzlerin Angela Merkel, Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier und CSU-Chef Horst Seehofer gestern vor der Bundespressekonferenz verfolgt hat, konnte hören: Die Krise kann kommen, wir sind gerüstet. Aber was sollte das Trio auch anderes sagen? »Vertrauen ist der Anfang von allem«, weiß nicht nur die Werbung, und in diesen Tagen ist Vertrauen vielleicht wertvoller, als es jede Maßnahme sein kann. Das darf freilich nicht darüber hinwegtäuschen, dass weder die Kanzlerin noch ihr Vize und Herausforderer oder der CSU-Chef wissen, ob das Konjunkturpaket II greifen wird. Ihre zur Schau gestellte Überzeugung ist eben auch das berühmte Pfeifen im Walde. Niemand kann die Entwicklung der Weltwirtschaft so genau vorhersehen, als dass er seriös beurteilen könnte, inwieweit die staatlichen Eingriffe die Krise wirksam zu dämpfen vermögen. Sieht man sich die Maßnahmen an, so sind die Investitionen in Bildung, Verkehrswege und Städtebau mit 17,3 Milliarden Euro ebenso wertvoll wie die Regelungen zur Kurzarbeit. Auch die Umstellung der Kfz-Steuer auf CO2-Basis geht in Ordnung, weil sie eine Richtungsentscheidung ist. Die Verschrottungsprämie hingegen kommt einer Verbeugung vor der Autoindustrie gleich. Es mutet in der Tat komisch an, dass es für ein neues Auto 2500 Euro Prämie gibt, für ein Kind aber nur einen Bonus von 100 Euro. Auch über beinahe alle anderen Maßnahmen des 50-Milliarden-Pakets lässt sich trefflich streiten. Sicher ist, dass die verabredeten Steuer- und Abgabensenkungen nicht das Volumen haben, um effiziente Konsumanreize setzen zu können. Hinzu kommt, dass sie erst zeitverzögert, nämlich im zweiten Halbjahr 2009, wirken. So bleibt der schale Beigeschmack, dass es hier vor allem um die Befriedigung parteipolitischer Interessen und um das Binnenverhältnis der Großkoalitionäre ging. Seehofers breites Grinsen gestern auf dem Podium gab darüber ebenso Aufschluss wie die Tatsache, dass Peer Steinbrück seit Tagen geradezu von der politischen Bildfläche verschwunden zu sein scheint. Es ist ein offenes Geheimnis, dass dem SPD-Finanzminister die mit dem größten Konjunkturpaket der Nachkriegsgeschichte verbundene Neuverschuldung von knapp 60 Milliarden Euro gehörig gegen den Strich geht. Zu Recht, wenn man den vollmundig angekündigten, aber wachsweich formulierten Passus zur »Schuldenbremse« liest. Der besagt lapidar, dass der Staat sparen soll, wenn er meint, sparen zu können. Das Konjunkturpaket II wird den politischen Spielraum in naher Zukunft deutlich einschränken. Dabei ist der Fall, dass der »Deutschlandfonds« in nennenswertem Umfang in Anspruch genommen wird, noch gar nicht eingerechnet. Das ist ein hoher Preis für einen keineswegs sicheren Ertrag. Vor diesem Hintergrund darf man gespannt sein, wie die Union das Kunststück hinbekommen will, mit einer weitergehenden Steuerreform in den Wahlkampf zu ziehen.
Originaltext: Westfalen-Blatt Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2
Pressekontakt: Westfalen-Blatt Nachrichtenleiter Andreas Kolesch Telefon: 0521 - 585261
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
180563
weitere Artikel:
- Mitteldeutsche Zeitung: zu Konjunktur Halle (ots) - Die Regierung hat mit einigen Anlaufschwierigkeiten dem nationalen und internationalen Druck nachgegeben und nachgebessert, um der Krise zu begegnen. Beide Pakete zusammen erreichen ungefähr 2,5 Prozent des Bruttosozialprodukts. Das ist kein Pappenstiel. Aber 50 Milliarden Euro fallen nicht vom Himmel. Die Neuverschuldung wird bislang ungeahnte Höhen erklimmen. Das Wort "Tilgung" dürfte auf Jahre ein Fremdwort bleiben und wie ein Damoklesschwert über den kommenden Generationen hängen. Viel wird davon abhängen, ob eine Schuldenbremse mehr...
- LVZ: Die Leipziger Volkszeitung zum Konjunkturpaket - Leipzig (ots) - Von Dieter Wonka. Es war vielleicht die schönste, auf jeden Fall die teuerste Nacht, die Merkel, Steinmeier und Seehofer samt Anhang als Krisenparty im Kanzleramt gestalteten. Statt in Schockstarre zu verharren oder nur in parteipolitisches Imponiergehabe zu verfallen, hat die große Koalition noch einmal gezeigt, was in ihr steckt. Man ist besser als der vorauseilende Ruf. 100 Euro mehr für den, der ein Kind hat, und 2500 Euro für den, der sich ein neues Auto kauft. Das ist großkoalitionäre Moderne und Pragmatismus in einem. mehr...
- Rheinische Post: Die Un-Ordnung der Wirtschaft Kommentar Von Martin Kessler Düsseldorf (ots) - Die Deutschen verdanken ihren fabelhaften Aufstieg nach dem Zweiten Weltkrieg der mutigen Grundentscheidung für die Marktwirtschaft. Sie war eine der wenigen Beispiele in der Weltgeschichte, dass ein Land sich eine Wirtschaftsordnung in einem politischen Willensakt gab. Durch alle Krisen und Jahrhundertereignisse hindurch Zusammenbruch des Währungssystems von Bretton Woods, Ölpreisschock, Fall der Mauer hielt die Bundesrepublik trotz vieler Sündenfälle an diesem System eisern fest. Auch SPD und Grüne machten ihren Frieden mehr...
- Rheinische Post: Reizfigur Ackermann Kommentar Von Georg Winters Düsseldorf (ots) - Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann droht der Sündenfall. Sollte die Post tatsächlich zehn Prozent an der Deutschen Bank übernehmen, würden viele zu Recht über den Schweizer Manager herfallen. Für einen Mann, der sich nach eigenem Bekunden schämen würde, Staatshilfe in Anspruch zu nehmen, wäre auch der indirekte Einstieg des Bundes ein Tabubruch. Natürlich kann Ackermann darauf verweisen, dass er rein formal das Hilfspaket des Staates nicht in Anspruch nimmt. Natürlich kann er darauf pochen, dass er die Postbank davor mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu Israel / Gaza Osnabrück (ots) - Für Hass gesorgt Einen Kampf bis zum bitteren Ende hatte Israels Verteidigungsminister Barak angekündigt. Für weite Teile des Gazastreifens ist diese Ankündigung inzwischen Wirklichkeit. Über 900 Tote - darunter viele Frauen und Kinder -, 4300 Verletzte, außerdem schwere Zerstörungen sind die düstere Zwischenbilanz. Dass dabei auch die Hamas deutlich geschwächt wurde und weniger Raketen auf Israel abfeuert, kann man wohl zynisch als Kollateralnutzen verbuchen, als einen kleinen Erfolg innerhalb einer insgesamt tragischen mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|