Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Aufnahmelager Lampedusa
Geschrieben am 01-02-2009 |
Bielefeld (ots) - Alle reden über Guantanamo, kaum einer über Lampedusa. Dabei haben die beiden Lager eines gemeinsam: Ihre Insassen will die Welt nicht. In dem amerikanischen Gefangenenlager sitzen vermeintliche islamistische Terroristen - kein Wunder, dass sich der Westen nicht um sie reißt. Im Aufnahmelager auf der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa stecken keine Verbrecher, sondern Armutsflüchtlinge fest. Ausgelegt für nur 850 Personen, drängen sich dort jetzt bis zu 2000 Boatpeople. Früher wurden sie auf der Insel medizinisch betreut und dann auf verschiedene Zentren in Süditalien verteilt. Italien erwarb sich mit diesem Vorgehen viel Lob. Das Beispiel für einen verantwortlichen Umgang mit Migranten und Schutzsuchenden ist nach der Regierungsübernahme von Silvio Berlusconi einem Festungsdenken gewichen. Anfang des Jahres hatte Innenminister Maroni angeordnet, dass Bootsflüchtlinge bis zu ihrer endgültigen Abschiebung auf der Insel festzuhalten seien. Die Aussage ist klar: Wir wollen euch nicht und lassen euch deshalb erst gar nicht aufs Festland. Eine alte Marinebasis auf Lampedusa soll in ein Abschiebelager umfunktioniert werden, und prompt sprach die oppositionelle demokratische Partei davon, die Regierung Berlusconi versuche, Lampedusa in ein zweites Guantanamo zu verwandeln. So sehr die Kritik an Berlusconis Flüchtlingspolitik berechtigt ist, so unsinnig ist der Vergleich. Die Flüchtlinge aus Afrika wollen in Italien keine terroristischen Anschläge verüben, sondern träumen von einem besseren Leben im wohlhabenden Europa. Nackte Angst ums Überleben oder Furcht vor politischer Verfolgung in ihrer Heimat ließ sie in Nussschalen steigen und den lebensgefährlichen Weg übers Meer antreten. Mehr als 500 Männer, Frauen und Kinder ertrinken dabei nach Schätzungen des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) jedes Jahr. Das UNHCR protestierte inzwischen gegen die Zustände auf Lampedusa: Entkräftete Menschen müssten im Freien schlafen, zugedeckt nur von Planen. Ende Januar brachen 50 Flüchtlinge aus dem überfüllten Camp aus und wurden wieder eingefangen. Die Einheimischen demonstrierten gegen die zunehmende Zahl der Migranten auf »ihrer« Insel und beklagten negative Auswirkungen auf den Tourismus. Wieder lautet die Botschaft: Wir wollen euch nicht. Aber solange es das Wohlstandsgefälle zwischen Europa und Afrika gibt, solange kann sich der Westen des Flüchtlingsstroms übers Meer sicher sein. Die Menschen haben ein Recht darauf, dass ihr Antrag auf Asyl gewissenhaft geprüft wird. Und bis zu einer Entscheidung darf man sie nicht wie Vieh einpferchen. Wenn Guantanamo, wie von US-Präsident Barack Obama angekündigt, in einem Jahr geschlossen sein wird, spricht bald niemand mehr darüber. Das Lager auf Lampedusa aber wird den Westen weiter zur Menschlichkeit ermahnen.
Originaltext: Westfalen-Blatt Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2
Pressekontakt: Westfalen-Blatt Nachrichtenleiter Andreas Kolesch Telefon: 0521 - 585261
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
183891
weitere Artikel:
- Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur geplanten Steuerreform Bielefeld (ots) - Wer die ganzen Steuern abschafft, bekommt bei der nächsten Bundestagswahl meine Stimme. Ehrlich. Der Wettstreit ist eröffnet. Aber im Ernst: Nach dem Kraftakt des Bundes mit milliardenschweren Konjunktur- und Hilfspaketen hätte sich niemand gewundert, wenn die Bundeskanzlerin und ihr oberster Kassenwart Peer Steinbrück uns die Wahrheit gesagt hätten: Wir wollen die Wirtschaft und unsere Arbeitsplätze retten und haben uns außergewöhnlich hoch verschuldet. Eigentlich sind wir pleite. In den nächsten fünf Jahren gibt es mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu Merkel / Steuersenkungen Osnabrück (ots) - Kommen die Herren Kirchhof und Merz im Bundestagswahlkampf der CDU wieder zu Ehren? Daran denkt CDU-Chefin Merkel wohl nicht, wenn sie für den Fall eines Wahlsieges eine Steuerreform und Steuersenkungen in Aussicht stellt. Eher ist es ein Reflex auf das unnachgiebige Drängen aus der Schwesterpartei CSU. Die läuft unter Seehofer zu neuer Form auf und wird mit ihren Forderungen ernst genommen. Die Kanzlerin braucht im Herbst auch eine starke CSU. Ob die Steuerversprechen zum Erfolgsmodell werden, ist fraglich. Schöne mehr...
- Neue OZ: Kommentar zur Tarifeinigung bei der Bahn Osnabrück (ots) - Bahnkunden können aufatmen. Im Gegensatz zum vergangenen Jahr, als ein elendig langer Tarifstreit regelmäßig für Chaos auf den Bahnhöfen sorgte, haben sich Konzernvorstand und Gewerkschaften diesmal erstaunlich und auch erfreulich schnell geeinigt. Weitere Streiks im Zugverkehr sind damit wohl abgewendet. Das gibt Pendlern und Reisenden Planungssicherheit - zumindest unter Berücksichtigung der üblichen Zuverlässigkeit. Zu verdanken ist die Einigung ausgerechnet Personalvorstand Hansen. Der ehemalige Chef der Gewerkschaft mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu Großbritannien / Brown-Slogan Osnabrück (ots) - Im Wissen um die Entwicklung Deutschlands nach 1929 verbietet sich beim Blick auf die aktuellen Geschehnisse in Großbritannien jede Häme. Und auch in unserer heute angeblich so gefestigten Demokratie gibt es Politiker, die beim Kampf um Wählerstimmen wie der britische Premier Gordon Brown auf die nationalistische Karte setzen. Trotzdem ist es aberwitzig, dass ausgerechnet im Mutterland des Freihandels, in dem der Volkssport Fußball von russischen Investoren gefördert wird und Banken aus aller Welt Einheimischen lukrative mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu Irak / Wahlen Osnabrück (ots) - Der Weg von der Diktatur des Massenmörders Saddam Hussein zu einer islamischen Demokratie ist im Irak noch nicht zu Ende beschritten. Rückschläge sind jederzeit möglich. Aber die Provinzwahlen geben denjenigen recht, die vor Terroristen, El Kaida und Rückzugsforderungen nicht eingeknickt sind, sondern durchgehalten und gekämpft haben. Nach Jahren des Bürgerkriegs und den Armeen von Selbstmordattentätern hat sich die Sicherheitslage im Irak dramatisch verbessert, der Wiederaufbau des Landes schreitet voran, und demokratische mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|