Lausitzer Rundschau: Die tränenlose Republik Vor 20 Jahren: Chris Gueffroy wird an der Mauer erschossen
Geschrieben am 05-02-2009 |
Cottbus (ots) - Chris Gueffroy, der letzte, der an der Berliner Mauer von DDR-Grenzsoldaten erschossen wurde, hätte in diesem an Gedenktagen so reichem Jahr mehr Aufmerksamkeit verdient. Tatsächlich aber wurde am Donnerstag sein 20..Todestag ganz und gar unspektakulär begangen. Dabei verkörpert das Schicksal des damals 20-Jährigen exemplarisch all das, was die DDR zu einem traurigen, oft auch tragischen Kapitel der deutschen Geschichte macht. Eines Tages werden vor allem die Toten an der Grenze und die Berliner Mauer mit Stacheldraht und Wachtürmen das Bild prägen, das sich die Welt von der DDR macht. 1989 riskierten nur die wenigsten eine Flucht. Dazu gehörte - wie bei Chris Gueffroy - ein gewisses Maß an jugendlichem Leichtsinn. Die DDR kannte in seinem Fall dafür nur die Todesstrafe. Daran in würdigem Rahmen zu erinnern, bevor die Feiern zum Mauerfall beginnen, wäre gut gewesen. Denn es herrscht derzeit noch eine heillose Gedankenverwirrung beim Blick zurück. Das "Neue Deutschland", das immer noch einer Partei gehört, hat einen Text zu Gueffroy mit einem Kommentar versehen, in dem es heißt, auch heute würden Mauern in Deutschland existieren, und die SED-Führer Walter Ulbricht und Erich Honecker hätten viel weniger auf dem Kerbholz als ein US-Präsident, der jüngst abgetreten sei. So ein Beitrag gehört zu jener Erinnerungskultur, in der die Verdrehung die Feder führt. Die Schüsse an der Mauer waren aber nicht etwa das Ergebnis einer politischen Entscheidung des Volkes, sondern sollten 17.Millionen daran hindern, eine freie Wahl zu treffen. Wenige Monate nach den Schüssen auf Gueffroy hieß es dann, man weine keinem eine Träne nach, der die Republik über die Schlupflöcher in Ungarn verlassen habe. Die ganze Verkommenheit der SED-Herrschaft offenbarte sich in solch einem Satz. Zur Trauer, zu Tränen um einen Menschen waren sie ja schon lange nicht mehr fähig gewesen. Die überließ man der Mutter von Gueffroy und seinen Freunden. 2009 sollte, darf nicht nur ein Jahr des freudigen Rückblicks auf die schönen Bilder des Mauerfalls und der bewegenden Demonstrationen sein. Das, was wir heute die friedliche Revolution nennen, ist nur zu verstehen zusammen mit der Scham, die die Menschen umtrieb, wenn sie an die Grenze und an die Verzweifelten dachten, mit der so viele versuchten, diese zu überwinden. Diese Scham darüber, dass so viele der Söhne und Töchter nur noch weg wollten, hatte gewaltigen Anteil daran, dass dann Hunderttausende die Straße füllten mit der Forderung nach einem Ende des Regimes. Auch deswegen sollte Chris Gueffroy nicht vergessen werden - er ist Teil dessen, was dann ein gutes Ende fand im Jahr 1989.
Originaltext: Lausitzer Rundschau Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/47069 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_47069.rss2
Pressekontakt: Lausitzer Rundschau Telefon: 0355/481231 Fax: 0355/481247 lr@lr-online.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
184922
weitere Artikel:
- Lausitzer Rundschau: Kehrtwende mit Folgen Atomkraft könnte zum Wahlkampfthema werden Cottbus (ots) - Dass die Schweden nach jahrzehntelangem Verbot den Bau neuer Atomreaktoren zulassen wollen, ist zweifellos ein Signal an viele andere Staaten Europas, insbesondere aber an Deutschland. Man muss kein Prophet sein, um zu wissen, dass die Kehrtwende im hohen Norden nun den deutschen Glaubenskrieg um den Atomausstieg kräftig befeuern wird. Die Entwicklung beim Ölpreis, die Wirtschaftskrise und der Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine haben den Befürwortern längerer Laufzeiten ohnehin schon in die Hände gespielt. Jetzt mehr...
- Laut jüngstem Executive Quiz von Korn/Ferry bleiben Führungskräfte hinsichtlich der Nachfrage nach Mitarbeitern trotz des Verlusts von Arbeitsplätzen im Januar optimistisch Los Angeles (ots/PRNewswire) - - Die Mehrheit der Führungskräfte sagt den Beginn der Erholung des Arbeitsmarktes für 2009 voraus Trotz der zunehmenden Arbeitslosigkeit und eines schwierigen Arbeitsmarkts bleiben Führungskräfte weltweit optimistisch, dass der Kampf um talentierte Mitarbeiter ohne Unterlass weitergeführt wird. Die überwältigende Mehrheit der Teilnehmer der jüngsten von The Korn/Ferry Institute durchgeführten Umfrage Executive Quiz sagt einen langfristigen Anstieg der Nachfrage nach Mitarbeitern voraus. Darüber hinaus sind mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu Hessen / Landtag / Ministerpräsident / Koch Osnabrück (ots) - Regieren wird mühsamer Gern hätte Roland Koch wohl die Wahlniederlage 2008 als Betriebsunfall verbucht und durch das Ergebnis der Neuwahlen als erledigt betrachtet. Spätestens seit der gestrigen Abstimmung im Landtag geht das nicht mehr. Zwar wurde der alte und neue Ministerpräsident klar gewählt; schließlich kann sich die CDU/FDP-Koalition auf eine solide Mehrheit stützen. Aber zu einem Vertrauensbeweis lässt sich das Votum nicht zurechtschönen. Dass vier Abgeordnete Koch ihre Stimmen verweigerten, ist eine deutliche mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu Verfassung / Föderalismus / Schuldenbremse Osnabrück (ots) - Guter Wille reicht nicht Die gestrigen Verhandlungen in der Föderalismuskommission können in ihrer Bedeutung für jeden einzelnen Bürger kaum überschätzt werden. Denn eine wirksame Schuldenbremse würde die Politik in Deutschland nachhaltig verändern. Die Zeit des munteren Regierens und sorglosen Geldausgebens auf Kosten anderer wäre vorbei. Kein Wunder, dass sich die Verantwortlichen in Bund und Ländern damit jetzt so schwertun. Denn Politik auf Pump ist leider einfacher und populärer als Sparen aus Vernunft. Auch mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu Geschichte / Holocaust / Kirchen Osnabrück (ots) - Schädliches Schweigen Allmählich legen sich zumindest ein wenig die Aufgeregtheiten um Papst Benedikt XVI. Mit der direkten Aufforderung an Richard Williamson zum Widerruf der Holocaust-Leugnung hat sich der Vatikan eindeutig von jeglichen antisemitischen Tendenzen in der katholischen Kirche distanziert. Wäre dieser Appell an den umstrittenen Traditionalisten-Bischof etliche Tage früher gekommen, hätten so manche Irritationen, Verärgerungen und Missverständnisse vermieden werden können. Mit seinem Schweigen hat der mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|