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Deutsche Marine - Pressemeldung (Feature): Navigation mit Kursdreieck, Zirkel und Karte - Offiziersanwärter aus Brandenburg und Baden-Württemberg zu Beginn ihrer Marinekarriere

Geschrieben am 06-02-2009

Glücksburg (ots) -

- Querverweis: Bildmaterial ist abrufbar unter
http://www.presseportal.de/galerie.htx?type=obs -

Flensburg-Mürwik - Leicht betretene Gesichter im Turmzimmer Nummer
2 der Marineschule Mürwik. Hörsaal 34 der Offiziersschule geht kurz
vor dem Mittagessen die Lösung einer Übungsaufgabe im Fach Navigation
mit ihrem Truppenfachlehrer durch. Die 19 Offiziersanwärter sitzen an
etwa acht Meter langen Tischreihen nebeneinander. 15 Männer und vier
Frauen lauschen ihrem Ausbilder Frank Ibe - schauen auf die an die
Wand projektierte Musterlösung. Er sagt: "Denken Sie daran:
Besteckversetzungen werden auf der Seekarte gestrichelt
eingezeichnet. Viele von Ihnen haben das nicht getan. Das gibt in der
Prüfung Punktabzug." Anne Bähr hört ihrem 41 Jahre alten Ausbilder
zu. Ihr Gesicht bekommt eine leichte Rötung - sie blickt etwas
verlegen drein. Die 19-jährige Offiziersanwärterin sagt nach dem
Unterricht: "Ich hatte das auch nicht gestrichelt eingezeichnet. Das
ärgert mich. Mit diesen Punktabzügen wäre meine Lösung keine Eins
geworden." Deshalb will die junge Frau aus Klockow bei Prenzlau den
Rat ihres Ausbilders Ibe, "üben Sie jetzt täglich. Dann haben Sie in
der letzten Woche des Lehrgangs mehr Luft", beherzigen.

Auf "Gorch Fock" Kräfte des Elements Wasser erfahren

Die Zeit bis zu den Prüfungen - die für die gesamte künftige
Offizierslaufbahn wichtige Weichen stellen werden - ist knapp
bemessen. Die nächste Herausforderung danach wartet schon: Am 27.
Februar werden die Soldaten von Hörsaal 34 auf die drei Schiffe des
Einsatz- und Ausbildungsverbandes (EAV) der Deutschen Marine gehen.
Sie erhalten auf den Fregatten "Sachsen" und "Lübeck" sowie auf dem
Einsatzgruppenversorger "Frankfurt am Main" eine weiterführende
seemännische Ausbildung. Dort werden sie das Erlernte aus dem
jetzigen "Offizierslehrgang Truppendienst" anwenden und vertiefen
können. Hilfreich werden dabei auch die Erfahrungen vom
Segelschulschiff "Gorch Fock" sein. Auf der bekannten Bark mit den
weißen Segeln waren die Offiziersanwärter im Herbst vergangenen
Jahres mehrere Wochen lang unterwegs gewesen. Eine besondere
Erfahrung für die Männer und Frauen. Bähr sagt: "Die Ausbildung auf
der Fock war das Größte für mich. Wir haben da jedoch auch die Kräfte
des Elements Wasser erfahren müssen. Eine Kameradin ging über Bord.
Das war ein schlimmes Erlebnis für uns alle. Ich habe nach diesem
Unglück aber nicht an meinem Beruf gezweifelt, denn solche tragischen
Unfälle können überall passieren."

Soldatin will aufs U-Boot

Seit dem 1. Juli des zurückliegenden Jahres ist Anne Bähr Soldatin
der Deutschen Marine. Sie wird nach bestandenem Offizierslehrgang als
frisch beförderter Seekadett - in der Bundeswehr gibt es nur
männliche Dienstgradbezeichnungen - an die Universität der Bundeswehr
nach München gehen. Dort wird sie Informatik studieren - vier Jahre
lang. Wenn alles gut geht, hat sie ihren Master in der Tasche und ist
in ihrer militärischen Laufbahn zum Oberleutnant zur See
aufgestiegen. "Mein Wunsch ist es, danach auf ein U-Boot zu gehen",
sagt sie.

Sicherer Arbeitsplatz für 13 Jahre

Studium, Grenzen erfahren, Seefahrt erleben, praxisnahe Ausbildung
zum Vorgesetzten - das sind die Beweggründe für viele
Offiziersanwärter wie Anne Bähr, sich bei der Marine zu bewerben. Die
Frau aus Klockow nennt auch pragmatische Gründe für ihren
Berufswunsch. "Bei mir daheim liegt die Arbeitslosenquote bei 30
Prozent. Jetzt in der heraufziehenden Wirtschaftskrise ist es schon
ein gutes Gefühl, abgesichert zu sein." Abgesichert für insgesamt 13
Jahre - für diese Zeit hat Bähr bei der Bundeswehr unterschrieben.
Dafür zahlt die Bundeswehr sogar während des gesamten Studiums das
Gehalt entsprechend ihres erreichten Dienstgrades. Bei einem
Obergefreiten - wie Bähr es ist - sind das rund 1.400 Euro netto im
Monat. "Da kann ich mich wirklich voll auf mein Studium
konzentrieren", sagt sie.

Im Bundeswehrstudium: 50 Prozent mehr Lehrstoff pro Jahr

Ihr Kamerad Erik von Rüsten sitzt neben ihr am Mittagstisch an der
Marineschule Mürwik. Er nickt während Bähr redet. Er denkt genauso.
Auch er will in München studieren. Am 1. Oktober beginnt dort sein
Studium in den Fächern Elektro- und Informationstechnik. Er sagt
ergänzend: "Andere Studenten müssen viel Geld für Miete, Lehrmaterial
und Studiengebühren bezahlen. Das müssen wir nicht." Dafür hat der
Dienstherr jedoch hohe Erwartungen an seine Offiziere. Das Studium
muss in kürzester Zeit beendet werden. Statt in Semestern, wird an
den beiden Bundeswehruniversitäten in Hamburg und München in
Trimestern studiert - das bedeutet 50 Prozent mehr Lehrstoff in einem
Jahr. Wer bei den Prüfungen durchfällt, dem droht die vorzeitige
Entlassung aus der die Bundeswehr. Nicht nur deshalb hält sich der
Neid bei Freunden von Bähr und von Rüsten in Grenzen. Der 22-jährige
Mann aus Althütte bei Stuttgart sagt: "Wir werden während der 13
Jahre Dienstzeit in Krisengebiete gehen müssen, wo es keine heile
Welt gibt. Diese Einsätze sind nicht ungefährlich. Da muss man voll
dahinter stehen." Bähr stimmt zu. Sie sagt: "Meine besten Freundinnen
würden das alles nicht auf sich nehmen wollen. Die sind eher
künstlerisch, freigeistig geprägt. Da ich mich gut an Regeln und
Normen halten kann, passt der Beruf jedoch gut zu mir. Meine
Freundinnen sind deshalb nicht neidisch. Sie freuen sich sogar für
mich, das ich bei der Marine so viel erleben und lernen kann."

Ingenieure haben in Bundeswehr und Industrie gute Karrierechancen

Wie sehen die langfristigen beruflichen Perspektiven für die
beiden jungen Menschen aus? "Gut", finden sie. Nach den noch über 12
Jahren Bundeswehr kann für die Offiziersanwärter eine Übernahme zum
Berufssoldaten stehen. Dann wären sie Soldaten bis zu ihrer
Pensionierung. Das sogenannte Laufbahnziel: Fregattenkapitän - eine
Besoldung nach Besoldungsstufe A 14 - vergleichbar mit einem
Oberstudienrat an einem Gymnasium. Wer nicht länger bei der
Bundeswehr bleiben möchte oder kann, dem steht eine zweite Karriere
in der freien Wirtschaft offen. Gerade mit den Ingenieurberufen ist
dies sehr gut möglich. Die Industrie greift gerne auf ehemalige
Zeitoffiziere mit einem technischen Studium zurück. Doch gerade mit
diesen Studiengängen sind die Offiziere auch bei der Bundeswehr
begehrt.

Navigation kann nicht auswendig gelernt werden

Das liegt für Bähr und von Rüsten noch in weiter Ferne. Jetzt
müssen die Soldaten von Hörsaal 34 erst einmal die vor ihnen liegende
Ausbildung bestehen - und das ist zurzeit die insgesamt 111 Stunden
dauernde Navigationsausbildung bei Stabsbootsmann Frank Ibe. Für
künftige Seeoffiziere ist Navigation trotz moderner GPS-Technik
unabdingbar notwendig. Denn jede Technik kann versagen - auch dann
müssen Schiffe weiterhin navigiert werden können. Deshalb lernen die
Offiziersanwärter Navigation von Anfang an - mit Seekarte,
Kursdreieck, Anlegedreieck, Zirkel, programmierbarem Taschenrechner,
Bleistift und Radiergummi. Dazu sind Formelsammlung, nautische
Tabellen und Navigationsthemensammlung zu wälzen. Alles in der
Navigationslehre ist genau festgelegt - Abweichungen nicht erlaubt.
Die Symbolik für die Eintragungen in den Seekarten ist zum Beispiel
in der Deutschen Industrienorm (DIN) 13 312 geregelt. "Was wir den
Soldaten im Unterricht vermitteln, kann nicht auswendig gelernt
werden. Wie beim Autoführerschein muss das alles geübt werden", sagt
Ibe. Deshalb müssten die Anwärter auch am Wochenende zu Hause üben.
Sonst könnten die umfangreichen Übungsaufgaben nicht in 80 Minuten
gelöst werden. "Ziel muss es sein, das die richtige Lösung nach 60
bis 70 Minuten auf der Seekarte eingezeichnet ist", so der Ausbilder.

Ausbildung auch am Computer und im Simulator

Nach dem Grundlagenunterricht im Turmzimmer findet eine praktische
Ausbildung an modernem Gerät statt. Im sogenannten CUA-Raum - einem
computerunterstützten Ausbildungsraum - lernen die Marinesoldaten das
Navigieren am Computer. In einem Simulator üben sie das Navigieren an
Bord von Schiffen der Marine unter realen Bedingungen. Wenn alles
reibungslos läuft, kann es an Bord gehen. Als Nebeneffekt der
umfangreichen Ausbildung an der Marineschule Mürwik erhalten die
künftigen Marineoffiziere nach bestandenem Nautikunterricht den
"Kraftbootführerschein See". Damit können die Soldaten auch zivil mit
einem Kraftboot in deutschen Gewässern zur See fahren.

14 Stunden Englischunterricht pro Woche

Und damit die Marineoffiziere sich auch weltweit verständigen
können, wird in der Ausbildung an der Marineschule großen Wert auf
die englische Sprachausbildung gelegt. Bähr hatte auf dem Gymnasium
Englisch im Leistungskursus "Da hatten wir fünf Stunden pro Woche
Englisch. An der Marineschule sind es bis zu 14 Stunden pro Woche.
Hier ist alles viel intensiver", sagt sie. Ein gutes Rüstzeug nicht
nur für die bevorstehende Seefahrt im Einsatz- und
Ausbildungsverband. Er wird Bähr, von Rüsten und ihre Kameraden fünf
Wochen lang nach Südamerika führen. Ob da nicht doch die Freunde der
Marinesoldaten etwas neidisch sein werden?

Autor: Detlef Struckhof, Presse- und Informationszentrum Marine
Fotos: Detlef Struckhof, Presse- und Informationszentrum Marine

Weitere Informationen rund um die Marineeinsätze und das oben
genannte Thema finden Sie in unserem Internetportal www.marine.de.

Originaltext: Presse- und Informationszentrum Marine
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/67428
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_67428.rss2

Pressekontakt:
Presse- und Informationszentrum Marine
Stabsbootsmann Detlef Struckhof
Telefon: 0 46 31 - 6 66 - 44 14 / 44 12
E-Mail: piz@marine.de
Fotoredaktion Marine: 0 46 31 - 6 66 - 44 32


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