Weser-Kurier: Der "Weser-Kurier" (Bremen) kommentiert in seiner Ausgabe vom 10. Februar 2009 den Wechsel an der Spitze des Bundeswirtschaftsministeriums:
Geschrieben am 09-02-2009 |
Bremen (ots) - Der Wegweiser von Joerg Helge Wagner Derart kurz befristete Jobs kennt man eigentlich nur aus der Leiharbeitsbranche: acht Monate, ohne realistische Aussicht auf Weiterbeschäftigung. Warum lässt sich jemand wie Karl-Theodor zu Guttenberg, der heute den unglücklichen Bundeswirtschaftsminister Michael Glos beerbt, darauf ein? Und warum tut seine Partei, die CSU, dies einem ihrer wenigen Top-Talente an - einem ausgewiesenen und allseits geachteten Außen- und Sicherheitspolitiker zumal? "Seine Berührungspunkte mit der Wirtschaft sind übersichtlich", befindet die FAZ in vornehmer Zurückhaltung. Wohl wahr: Geschäftsführer eines Familienunternehmens mit 38 Mitarbeitern und drei Azubis. Da hatten die innerparteilichen Mitbewerber schon mehr zu bieten. Thomas Bauer etwa, Präsident des bayrischen Bauindustrieverbandes, leitet einen Konzern mit 7000 Beschäftigten und 1,2 Milliarden Euro Jahresumsatz. Auch Dagmar Wöhrl, bislang Parlamentarische Staatssekretärin von Glos, ist im Ressort ein Schwergewicht: Die Koordinatorin der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft sitzt auch im Präsidium des Wirtschaftsbeirates der Union, ist Stellvertretende Landesvorsitzende der CSU-Mittelstandsunion, Mitglied der Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer Nürnberg usw.usf. Aber offenbar kommt es darauf in der aktuellen, verfahrenen Situation gar nicht an. Die Wirtschaftskonflikte in der Großen Koalition wird Guttenberg nicht mehr befrieden oder gar lösen können: die Debatten um Mindestlöhne, Steuerentlastungen, Umweltschutz und Energiepolitik, etwa verlängerte Laufzeiten für Kernkraftwerke. Das erwartet in der Union auch niemand von ihm - er soll sie lediglich benennen, möglichst jeden Tag. Der überzeugte Konservative wird nicht als Kärrner eingespannt, sondern als Wegweiser aufgestellt: für eine Klientel, die zunehmend verunsichert ist, wo die Union wirtschaftspolitisch überhaupt hin will - und die sich deshalb in Scharen der FDP zuwendet. Da trifft Guttenberg den richtigen Ton: Ein Streiter für die soziale Marktwirtschaft, die für ihn aber "kein Mittelding zwischen Sozialismus und Liberalismus" ist. Sondern Liberalismus mit den Leitplanken der christlichen Ethik.
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