WAZ: Die CDU und die "Enteignung" - Verräterischer Eigensinn - Leitartikel von Angela Gareis
Geschrieben am 19-02-2009 |
Essen (ots) - Im unionsinternen Streit über die "Enteignung" der Hypo Real Estate geht es weniger um die Enteignung der Hypo Real Estate als vielmehr darum, dass sich der Wirtschaftsflügel der CDU seines Profils enteig-net fühlt. Deshalb wüten seine Vertreter mit ideologischen Argumenten wie "Tabubruch" gegen die Regierung an, als wolle diese die soziale Marktwirtschaft abschaffen. Die staatliche Übernahme der HRE erfüllt den Tatbestand einer Enteignung schon deshalb nicht, weil der Staat im Ernstfall Geld für etwas bezahlen wird, das nichts mehr wert ist. Und nur weil das so ist, erwägt der Staat sich zu beteiligen, um größere Verwerfungen in der deutschen Bankenlandschaft zu verhindern.
Kein privater Investor will sein Geld für eine Bank riskieren, die mit hauptsächlich staatlichen Garantien von über 100 Milliarden Euro gestützt wird und immer mehr Hilfe benötigt. Da Leute wie der amerikanische HRE-Großaktionär J. C. Flowers offenbar glauben, sie könnten mit den Manieren von Erpressern aus der Not Kapital schlagen, will die Regierung ihnen die Aktien gegen eine Entschädigung zwangsweise abnehmen können, um die vom Steuerzahler geleisteten Bürgschaften abzusichern. Weil die Bank für eine Pleite mutmaßlich zu wichtig ist und das Geld der Steuerzahler für unkontrollierbare Abenteuer zu kostbar, bleibt in der Tat keine Alternative zur Rettungsübernahme. Die (zutreffende) Formulierung Rettungsübernahme will der CDU-Wirtschaftsflügel erst gar nicht verwenden, denn in ihm brodelt Wut, wie sie etwa aus Kurt Lauk herausbricht: "Enteignung wäre Verrat am Profil der Union."
Verräterischer hätte der Vorsitzende des Wirtschaftsrates sich kaum ausdrücken können. Ihn scheint ein drohender Zusammenbruch von Banken weniger zu interessieren als ein drohender Zusammenbruch des Unionsprofils.
Tatsächlich leidet der Wirtschaftsflügel seit dem Rückzug von Friedrich Merz unter seiner zunehmenden Bedeutungslosigkeit. Diese gründet allerdings vor allem in den verbliebenen Personen selbst, was sie gerade in dieser Krise eindrucksvoll demonstrieren. Anstatt verunsicherten Menschen sachlich zu erklären, aus welchen Gründen die Regierung notfalls zu radikalen Maßnahmen greifen will, stiften die vermeintlichen Wirtschaftsexperten unter dem Beifall der FDP noch mehr Verwirrung. Alternativen zur Verstaatlichung nennen sie vorsichtshalber gar nicht, weshalb sie ihre Bedeutungslosigkeit ganz reell selbst erwirtschaften.
Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2
Pressekontakt: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Zentralredaktion Telefon: 0201 / 804-2727 zentralredaktion@waz.de
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