Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Verzicht von Erika Steinbach
Geschrieben am 04-03-2009 |
Bielefeld (ots) - Erika Steinbach hat ein Zeichen gesetzt. Sie stellt ihre Person hinter die Sache. Das zeugt von persönlicher Größe. Dass der Bund der Vertriebenen (BdV) einen der drei ihm zustehenden Sitze frei lässt, ist derzeit die beste Lösung, die zu erzielen war. Es bleibt aber ein Moratorium. Auch 70 Jahre nach dem Überfall der Deutschen auf Polen sind die Wunden von Krieg und Vertreibung auf beiden Seiten immer noch tief. Nur so lässt sich die Härte erklären, mit der um eine Personalie gestritten wurde. Nachgeborenen muss das eindringliche Warnung sein. Frieden ist das höchste Gut. Wir Deutsche tun gut daran, Verständnis für die Polen aufzubringen. Die Angst vor Fremdbestimmung mag heute unbegründet sein, doch sie hat tiefe Wurzeln. Mehr als einmal sind die Polen in den vergangenen Jahrhunderten Opfer ihrer Nachbarn geworden - das macht ihr Trauma aus. Ob Erika Steinbach das polnische Misstrauen verdient, ist eine andere Frage. Richtig ist: Ihr Vater war Wehrmachtssoldat in Polen, als sie 1943 in Rahmel in Westpreußen, dem heutigen Rumia, geboren wurde. Vielen Polen gilt Steinbach deshalb als »falsche Vertriebene«. Richtig ist auch, dass die CDU-Abgeordnete 1990 im Bundestag gegen die Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze gestimmt hat und später Bedenken gegen Polens EU-Beitritt äußerte. Richtig ist aber auch, dass Erika Steinbach mehrfach erklärt hat, die Vertriebenen seien »Opfer der Politik Hitlers«. Als Präsidentin hat sie den BdV auf einen Kurs der Versöhnung eingeschworen und jeglichen Forderungen an Polen eine Absage erteilt. Vor allem aber ist das Zentrum gegen Vertreibung untrennbar mit dem Namen Erika Steinbach verknüpft. Sie war ein Motor dieses Projekts. Doch all diese Sachargumente drohten auf den Wogen der Empörung hinweggetragen zu werden. Dabei ist viel Populismus im Spiel. Vor allem die SPD und die Grünen haben die Debatte parteipolitisch instrumentalisiert. Indem sie auf Erika Steinbach zielten, sollte Angela Merkel getroffen werden. Wiederholt wurde die Bundeskanzlerin zur Entscheidung gedrängt. Hätte Merkel Steinbach fallengelassen, wäre der Unmut in Teilen der Union groß gewesen. Hätte sie an ihr festgehalten, hätte es geheißen: »Die Kanzlerin setzt das deutsch-polnische Verhältnis aus Spiel.« Erika Steinbach hat Angela Merkel aus dieser misslichen Lage befreit. Und sie hat auch Polens Regierungschef einen Dienst erwiesen. Anders als die Kaczynski-Brüder spielt Donald Tusk nicht die antideutsche Karte. Steinbachs Verzicht stärkt auch seinen Kurs. Doch sollte man sich nicht zu früh freuen. Schon mehren sich in Deutschland Stimmen, die mangelndes Rückgrat monieren und die eigene Autonomie in Frage gestellt sehen. Derweil triumphieren in Polen gewisse politische Kräfte. Beides tut dem deutsch-polnischen Verhältnis nicht gut. Im Krieg gibt es keine Sieger, und auch hier geht es nicht ums Gewinnen. Wer anders denkt und handelt, kann mit Versöhnung nicht viel am Hut haben.
Originaltext: Westfalen-Blatt Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2
Pressekontakt: Westfalen-Blatt Nachrichtenleiter Andreas Kolesch Telefon: 0521 - 585261
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
189893
weitere Artikel:
- Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Blitz-Prozess gegen Althaus Bielefeld (ots) - Viele schäumen angesichts des Blitz-Prozesses im Fall des thüringischen Ministerpräsidenten Dieter Althaus. Montag die Anklage erhoben, Dienstagmorgen den Prozesstermin angesetzt, und nachmittags schon das Urteil gesprochen - das riecht danach, dass man die Öffentlichkeit nicht dabei haben wollte. Na und? Althaus-Anwalt Walter Kreissl hat nur das getan, was jeder Verteidiger versucht: die Öffentlichkeit so gut es geht aus dem Verfahren herauszuhalten, um den Schaden für seinen Mandanten zu begrenzen. Sofern das in diesem mehr...
- Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Fahndung nach Sudans Präsident Bielefeld (ots) - Gestern ist erstmals ein amtierender Staatschef wegen Menschenrechtsverbrechen weltweit zur Fahndung ausgeschrieben worden. Die Bedeutung dieses Vorgangs ist gar nicht hoch genug einzuschätzen - und das, obwohl der sudanesische Präsident Omar Hassan al-Baschir mitnichten der einzige Schlächter an den Hebeln der Macht ist. Von Robert Mugabe, über Fidel und Raul Castro bis zur chinesischen Staatsführung reicht die erschreckende Galerie von Machthabern, die sich alle vor dem Strafgerichtshof in Den Haag verantworten sollten. mehr...
- LVZ: Die Leipziger Volkszeitung zu Steinbach/Rückzug - Leipzig (ots) - Von Dieter Wonka. Erika Steinbach steht als symbolische Reizfigur im deutsch-polnischen Dialog nicht mehr im Weg. Der Stiftungsrat für das Zentrum gegen Vertreibung gründet sich ohne sie. Ein schräge, unversöhnliche Debatte endete mit einem guten Ergebnis. Damit erhält die Vernunft überraschend doch noch eine Chance. Trotzdem wird das einige Verrückte in Polen nicht davon abhalten, Erika Steinbach als blonde Nazi-Hünin zu verunglimpfen. Aber denen ist sowieso nicht zu helfen. Erika Steinbach ließ zu lange Zeit die Einsicht mehr...
- Rheinische Post: Kölner Verhältnisse Düsseldorf (ots) - von Ulli Tückmantel Sind die Umstände und Ursachen der Kölner Katastrophe, die da jetzt scheibchenweise ans Licht kommen, eigentlich typisch für Köln? Sie sind zumindest nicht untypisch für eine Stadt, in der es seit Jahrzehnten kein größeres öffentliches Bauprojekt gibt, das ohne mittelschwere Skandale sein Richtfest erlebt hätte. Beim Skandal um die Millionen-Schmiergelder, die beim Bau der Müllverbrennungsanlage flossen, bei den kleinen und großen Skandalen um den Bau der Köln-Arena, vielleicht sogar noch beim mehr...
- Lausitzer Rundschau: Der Fall Merkel Vertriebenenchefin Erika Steinbach zieht zurück Cottbus (ots) - Erika Steinbach wird gewusst haben, dass sie nach all den Debatten um ihre Person keine Chance mehr haben würde, von der Bundesregierung in den Stiftungsrat des Zentrums gegen Vertreibung entsandt zu werden. Dafür ist sie lang genug im politischen Geschäft. Die Ehrenerklärung der CDU-Spitze von Montag für die umstrittene Vertriebenenpräsidentin hat ihr den vorläufigen Rückzug ermöglicht. Verlesen wurde das Papier aber von Generalsekretär Ronald Pofalla, kein Wort dazu von der CDU-Vorsitzenden und Kanzlerin. Auch deshalb mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|